Gesundheitswesen 2005; 67 - 46
DOI: 10.1055/s-2005-865568

Verkehrslärm als Belastungsfaktor im Wohnumfeld – Auswirkungen auf die Gesundheit

C Maschke 1
  • 1Interdisziplinärer Forschungsverbund Lärm und Gesundheit am Berliner Zentrum Public Health

Nicht nur Verkehrslärm, sondern auch Freizeit- und Nachbarschaftslärm wirken heute auf den Menschen ein, so dass er nahezu „rund um die Uhr“ beschallt wird. Als dominante Quelle der Lärmbelastung in der Wohnumgebung ist der Verkehrslärm zu nennen. Verkehrslärminduzierte Gesundheitsstörungen sind daher ein viel und konträr diskutiertes Problem, auch weil die pathogene Wirkung von Lärm nicht so einfach zu beurteilen ist, wie bei einer Infektionskrankheit, bei der die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zeitlich greifbar und durch den Erregerbefund nachweisbar sind. Die gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung von Lärm außerhalb des Gehörs ist gewöhnlich ein langer, schwer überblickbarer Prozess, der von zahlreichen anderen „mitwirkenden Faktoren“ beeinflusst werden kann.

Die biologische Plausibilität für eine gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung ist aufgrund von experimentellen Studien gegeben. Über zentralnervöse Prozesse beeinflusst Lärm entweder direkt oder indirekt über das subjektive Erleben (z.B. Belästigung) das neuroendokrine System. Als Folge werden vegetative Reaktionen (z.B. anhand der Herzschlagfrequenz) sowie veränderte Konzentrationen von Aktivierungshormonen (z.B. anhand von Cortisol) in Körperflüssigkeiten gemessen. Letztere können Stoffwechselvorgänge, die Regelung lebenswichtiger Körperfunktionen und das Immunsystem beeinflussen. Gesundheitliche Auswirkungen von Lärm sind demzufolge in unterschiedlichen Funktionssystemen zu erwarten.

Das tatsächliche Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung einer über Jahre einwirkenden Verkehrslärmbelastung im Wohnumfeld kann jedoch nur in epidemiologischen Studien abgeschätzt werden. Neuere epidemiologische Studien zu dieser Thematik sind der Spandauer-Gesundheits-Survey (UBA, RKI, 2002), die NaRoMI-Studie (UBA, BAuA, 2004) sowie die LARES-Studie (WHO, 2005). Die Ergebnisse dieser drei Studien lassen erkennen, dass Umweltlärm als eigenständiger und relevanter Risikofaktor für die Gesundheit einzustufen ist.