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DOI: 10.1055/s-2005-865543
Ältere Migranten als Zielgruppe kommunaler Versorgungsplanung
Seit einiger Zeit werden in der Fachöffentlichkeit und im zunehmenden Maße auch in der Politik die Konsequenzen diskutiert, die sich aus der wachsenden Zahl älterer Migranten für die Altenversorgung ergeben. Sollten einschlägige Prognosen zutreffen, dürfte sich die Zahl ausländischer Senioren mittelfristig von 665 Tsd. (2001) auf 1,31 Mio. (2010) verdoppeln. Langfristig wird mit einem Anstieg auf 2,86 Mio. (2030) gerechnet, der Seniorenanteil unter der ausländischen Bevölkerung würde sich dann von derzeit etwa 9% auf über 24% erheblich vergrößern.
Angesichts der Vehemenz, mit der die Debatte um die Gestaltung künftiger Versorgungsstrukturen teilweise geführt wird, ist erstaunlich, wie wenig über die potenziellen Nachfrager bekannt ist. Auch über die Bereitschaft ausländischer Senioren, Versorgungsangebote gegebenenfalls in Anspruch zu nehmen, gibt es nur Spekulationen. Gegen eine rege Nachfrage nach professionell erbrachten Versorgungsleistungen, insbesondere nach Heimplätzen, spricht vor allem die starke familiale Orientierung unter den häufig aus dem Mittelmeerraum stammenden älteren Migranten.
Im Rahmen der kommunalen Gesundheitsberichterstattung hat das Gesundheitsamt Bremen Daten und Informationen zum Thema „Ältere Migranten“ zusammengetragen und zu einem Bericht aufbereitet. Der Bericht beschreibt sozio-demografische Merkmale (Alters- und Geschlechterverteilung, Herkunftsländer, Segregation im Stadtgebiet), analysiert die Lebenssituation (Aufenthaltsrechtliche Stellung, Remigration, Einkommensverhältnisse, Wohnsituation, soziale Integration) und versucht Auskunft zu geben über die gesundheitliche Lage älterer Migranten.
Ganz allgemein lässt sich festhalten, dass es sich bei älteren Migranten mehrheitlich um sog. „junge Senioren“ handelt. Der Anteil der Sechzig- bis Siebzigjährigen beträgt zwei Drittel, von daher ist ein größerer akuter Bedarf an Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht zu vermuten. Für die häufig geäußerte Feststellung, ältere Migranten seien im Vergleich zu deutschen Senioren im besonderen Maße von gesundheitlichen Problemen betroffen, fanden sich keine zwingenden Belege. Türkische Senioren sind mit einem Anteil von einem Drittel in Bremen die zahlenmäßig stärkste Gruppe unter den ausländischen Senioren. Zugleich erscheint die Lebenssituation türkischer Senioren als besonders problematisch. Kennzeichnend sind eine deutlich schlechtere soziale Integration in die Aufnahmegesellschaft, geringe deutsche Sprachkenntnisse und niedrige Renten.
Die Ergebnisse des Berichtes bilden den Ausgangspunkt für weiterführende Diskussionen innerhalb der kommunalen Versorgungsplanung. Schwerpunkte sind dabei die Akzeptanz bestehender Versorgungsangebote durch ältere Migranten, die Beschreibung von Bedarfen sowie die Identifikation von Selbsthilfepotenzialen.