Gesundheitswesen 2005; 67 - 18
DOI: 10.1055/s-2005-865540

Früherkennung von Entwicklungsauffälligkeiten bei 3½ – bis 4½-jährigen Kindern in Kindergärten und -tageseinrichtungen

D Starke 1
  • 1Gesundheitsamt, Mülheim an der Ruhr

Hintergrund: Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen ist seit Jahren eine Zunahme von Kindern mit Auffälligkeiten in verschiedenen Bereichen der Entwicklung zu beobachten. Dieser Trend veranlasste die Kommunale Gesundheitskonferenz der Stadt Mülheim an der Ruhr ein Projekt zu initiieren, das darauf abzielt, Kinder mit Entwicklungsdefiziten frühzeitig zu erkennen und einer vertiefenden Diagnostik sowie evtl. weiterer Behandlung zuzuführen.

Methoden: Auf der Grundlage eines in Dortmund entwickelten Screenings werden Alltagsfertigkeiten, Grob- und Feinmotorik, visuelle Wahrnehmung sowie Sprach- und Sprechfähigkeiten auf spielerische Art und Weise erfasst. Das Hörvermögen wird mittels des PILOT-Tests geprüft. Zusätzlich liegt ein Elternfragebogen mit soziodemografischen Angaben, Anamnese und Beurteilung der Entwicklung der Kinder aus Elternsicht vor. Die Daten werden mittels non-parametrischer und parametrischer Analysen ausgewertet. Das Projekt wird darüber hinaus intern evaluiert.

Ergebnisse: Insgesamt 76 von 84 Kindergärten und -tageseinrichtungen nehmen an dem Projekt teil (90,5%). In der ersten Welle werden 1220 Kinder im Rahmen des Screenings berücksichtigt. Der Anteil an Kindern mit Sprach- und Sprechdefiziten ist überproportional groß. Erste Analysen deuten auf einen Zusammenhang von Entwicklungsauffälligkeiten mit der Schulbildung der Eltern hin. Darüber hinaus scheinen Auffälligkeiten der Entwicklung häufiger bei Kindern mit nicht-deutschen Eltern im Vergleich zu Kindern aus bi-nationalen und deutschen Familien aufzutreten. Erste Ergebnisse der Prozessevaluation werden gleichfalls vorgestellt.

Diskussion: Unter Vorbehalt dessen, dass die Ergebnisse der Vorabanalysen Bestand haben, ist festzuhalten, dass 1. die Früherkennung von Entwicklungsauffälligkeiten bereits im Kindergarten angesichts der Prävalenzraten sinnhaft ist, 2. die hohe Akzeptanz der Eltern die Durchführung des Screenings durch Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes rechtfertigt, und 3. die Entwicklungsauffälligkeiten im Kontext sozial ungleicher Gesundheitschancen zu diskutieren sind, die gezielte Präventionsprogramme notwendig machen.