Gesundheitswesen 2005; 67 - 11
DOI: 10.1055/s-2005-865533

Gesundheit von Schülern im Spiegel ihrer sozialen Lage

G Ellsäßer 1
  • 1Landesgesundheitsamt Brandenburg

Hintergrund: Die Gesundheitsberichterstattung zur Gesundheit von Schülern in Deutschland ist spärlich, da der Öffentliche Gesundheitsdienst fast ausschließlich nur zum Anlass der Einschulung die Kinder ärztlich untersucht, nicht aber im Verlaufe ihres Schullebens. Darüber hinaus wird in Deutschland die einzige Jugendvorsorgeuntersuchung (J1/12–15Jahre) von Schülern nur zu ca. 20% –30% wahrgenommen. Ein weiteres Defizit ist, dass die soziale Lage der Eltern nur in wenigen Bundesländern mit erhoben wird und die Gesundheit von Schülern mangels Daten auch nicht nach dem Schultyp dargestellt werden kann.

Ziel: Darstellung des Zusammenhangs zwischen Gesundheit von Schülern und sozialer Lage im Land Brandenburg einerseits über soziale Merkmale der Eltern (Schulbildung, Erwerbstätigkeit), andererseits auf den Schultyp bezogen (Gymnasien vs. Förderschulen).

Methodik: Deskriptive epidemiologische Analyse. Datenquellen: kinderärztliche Untersuchung von Schulanfängern, von Schülern in den 6. und 10. Klassen sowie Mikrozensusdaten.

Ergebnisse: Schüler, die nicht eine KITA besucht und deren Eltern nicht die kassenärztlich finanzierten Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen haben, zeigen zum Schulbeginn einen schlechteren Gesundheitsstatus. Der Besuch einer KITA als auch die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen hängen stark mit dem Sozialstatus der Eltern zusammen. Bei den Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus entdecken die Kinderärzte zwei- bis vierfach so häufig medizinisch relevante Befunde, die bisher nicht erkannt wurden (Seh-, Hörstörungen, Sprachauffälligkeiten, Teilleistungsstörungen, emotionale und soziale Störungen). Die Anzahl der adipösen Schüler ist in allen Klassenstufen stark abhängig von der sozialen Lage der Eltern. Jugendliche (16 Jahren) an Förderschulen haben doppelt so häufig eine Adipositas als an Gymnasien. „Krank oder unfallverletzt in den letzten 4 Wochen“ waren deutlich mehr Jugendliche mit niedrigem Sozialstatus – so die Analyse der Mikrozensusdaten. Eine Ausnahme sind die atopischen Erkrankungen. Die allergische Rhinitis und Neurodermitis stehen signifikant häufiger mit einem hohen Sozialstatus in Zusammenhang und dies wird auch bei einem Vergleich zwischen Gymnasiasten und Förderschülern deutlich.

Schlussfolgerung: Schüler werden durch das kassenärztlich finanzierte Vorsorgesystem kaum erreicht und berücksichtigt. Die jugendärztliche Untersuchung der Schüler ist daher ein wichtiges Gesundheitsangebot. Die Gesundheitsförderung in Schulen sollte ein Schwerpunkt in der Prävention werden, denn dort werden alle Kinder erreicht (Chancengleichheit).