Gesundheitswesen 2005; 67 - 3
DOI: 10.1055/s-2005-865525

Wie sehr dürfen Menschen mit psychischen Störungen anders sein?

P Brieger 1
  • 1Funktionsbereich Sozialpsychiatrie, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale

Die Diskussion um Hilfen für Menschen mit psychischen Störungen und seelischen Behinderungen ist von widerstrebenden Perspektiven geprägt. Im Zuge des Ziels der Humanisierung der Psychiatrie entstanden und entstehen Versorgungsstrukturen, die möglichst gemeindenah, gewaltfrei und ambulant arbeiten, die personenbezogen und bedarfsgerecht konzipiert sind und rehabilitative und integrative Ziele verfolgen. Dem steht ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung entgegen, das zur Ausgrenzung und „Forensifizierung“ psychisch kranker Menschen führen kann – so ist zum Beispiel die Zahl der im Maßregelvollzug Untergebrachten psychisch kranken Rechtsbrecher seit Jahren kontinuierlich angewachsen. Die Finanzlage im Gesundheitswesen führt schließlich zu Fragen der Rationierung unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit versus des Utilarismus: Wie sehr sollen die Belange benachteiligter Personengruppen – etwa wohnungsloser Menschen oder anderer Personen mit komplexem Hilfebedarf – besondere Berücksichtigung finden? Im Referat werden solche Aspekte unter den Zielvorgaben des Öffentlichen Gesundheitswesens dargestellt und diskutiert.