Zeitschrift für Palliativmedizin 2005; 6 - 8
DOI: 10.1055/s-2005-865402

Patientenverfügungen – Stand der Dinge

U Riedel 1
  • 1Rechtsanwältin, Staatssekretärin a.D., Berlin

Ist ein Patient nicht (mehr) einwilligungsfähig, müssen andere (der behandelnde Arzt, Angehörige, Betreuer oder Bevollmächtigte) für ihn handeln. Hier sind schwierigste medizinische, medizinethische und rechtliche Fragen zu klären, für die es oft keine eindeutigen Antworten gibt. In der Praxis bestehen offenbar große Entscheidungsunsicherheiten, wie nicht zuletzt der Diskussion in der Öffentlichkeit über die „Apparatemedizin“ in der letzten Lebensphase und den unterschiedlichen Entscheidungen von Einzelfällen zu entnehmen ist. Konsens ist, dass der Wille des Patienten ermittelt werden muss – was oft schwer genug ist. Hier sollen nach Ansicht der Politik und vieler Verbände Vorausverfügungen des Patienten (Patientenverfügungen) Klarheit bringen. Die rechtliche Qualität von Patientenverfügungen ist aber ebenfalls umstritten, und ihre Anwendung auf die aktuelle Behandlungssituation ist meist mit zusätzlichen Schwierigkeiten verbunden. Auch ist rechtlich umstritten und klärungsbedürftig, ob und welche objektiven Grenzen es bei der Umsetzung des subjektiven Willens des Patienten gibt. Haben Arzt und gesetzliche Vertreter des Patienten den in einer Patientenverfügung für eine zukünftige Situation geäußerten Willen unbedingt und genauso zu beachten wie eine aktuelle Willensäußerung des entscheidungsfähigen Patienten oder sind dem Handeln Dritter für den nicht selbst entscheidungsfähigen Patienten objektive rechtliche Grenzen, vor allem strafrechtliche Grenzen, gesetzt? Vor allem die Abgrenzung des zivilrechtlich (in einer Patientenverfügung) Gebotenen vom strafrechtlich Verbotenen bedarf der Klärung. Die aktuellen rechtlichen Kriterien für die Entscheidung über die medizinische Behandlung bei nichteinwilligungsfähigen schwer erkrankten Patienten müssen transparenter werden und sollen in dem Referat dargelegt werden.