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DOI: 10.1055/s-2005-864877
Regenerationsverhalten von Motoneuronaxonen nach Ausriss, Replantation und Applikation von CNTF (ciliary neurotrophic factor) und BDNF (brain derived neurotrophic factor)
Voraussetzung für die Regeneration von Motoneuronaxonen nach Ausriss der Vorderwurzel ist das Überleben einer ausreichenden Anzahl von Motoneuronen. Neurotrophe Faktoren können Überleben und Regenerationsfähigkeit von Motoneuronen fördern. Gegenstand der vorliegenden Arbeit war die Analyse des Einflusses von CNTF und BDNF auf die Regeneration von Motoneuronaxonen nach Ausriss und Replantation der Vorderwurzel im Segment C7. In vier verschiedenen Gruppen von Kaninchen wurde die Vorderwurzel im Segment C7 ausgerissen, ventrolateral replantiert und mit Fibrinkleber fixiert. Neurotrophe Faktoren CNTF, BDNF oder beide Faktoren (Kombinationsbehandlung) wurden in den Fibrinkleber gemischt und auf die Replantationsstelle appliziert (Gruppengröße: n=5–7). Nach einer Überlebenszeit von drei Wochen (n=3) bzw. sechs Monaten (n=28) erfolgte die transkardiale Perfusion der Tiere. Das Segment C7 wurde zusammen mit den proximalen Spinalnerven in toto herauspräpariert. Zur Darstellung regenerierter Vorderwurzelaxone wurde ein Fluoreszenz-Tracing vom Stumpf des Spinalnervs der replantierten Seite aus durchgeführt. Schließlich wurde das Segment in Transversalserienschnitte (Dicke 30µm) geschnitten, fluoreszenzmikroskopisch ausgewertet und histologisch aufbereitet (Markscheiden- bzw. Klüver-Barrera-Färbung). Vorderwurzeln beider Seiten wurden darüber hinaus in Epon eingebettet, und die Morphologie myelinisierter Axone wurde an Toluidinblau-gefärbten transversalen Semidünnschnitten studiert. Die Anzahl der überlebenden Motoneurone nach Ausriss lag in allen Versuchsgruppen zwischen 27% und 33% im Vergleich zur unverletzten Seite. Fluoreszenz-Tracing und Markscheidenfärbungen zeigten, dass Axone sowohl über die ursprünglichen ventralen Austrittsstellen als auch über die ventrolaterale Replantationsstelle das Rückenmark verließen und im Bereich des Spinalganglions eine kompakte Vorderwurzel bildeten. Der Verlauf von Axonen von Spinalganglienzellen in die regenerierte Vorderwurzel wurde ebenfalls beobachtet.
In Semidünnschnitten durch die regenerierte Vorderwurzel fanden sich nach drei Wochen kaum intakte, myelinisierte Axone, nach sechs Monaten war die Zahl der Axone bei allen experimentellen Gruppen auf etwa 45% der Zahl der gesunden Seite angestiegen. Regenerierte Axone waren dünn, typische Motoneuronaxone (größer 35µm2) stellten nur 5% der regenerierten Axone. Ventral austretende Axone zeigten in allen Gruppen signifikant größere Durchmesser als lateral austretende. Bei Tieren, deren Vorderwurzel nahe am ursprünglichen Austrittsort replantiert wurde, konnten mehr ventral austretende Axone beobachtet werden. Signifikante Gruppenunterschiede traten im Axon-Myelinverhältnis regenerierter Axone auf. Die Tiere der Kombinationsgruppe zeigten eine signifikant bessere Myelinisierung regenerierter Axone als die Tiere der Kontrollgruppe. Ein möglicher Einfluss der Faktoren auf das quantitative Regenerationsergebnis scheint also in diesem Modell gering zu sein. Das Überleben der Motoneurone nach sechs Monaten ist nach Faktorapplikation im Vergleich zu Kontrollen nicht erhöht. Auf eine qualitative Verbesserung der Regeneration deutet die Normalisierung des Axon-Myelinverhältnisses bei Kombinationsbehandlung hin.