Handchir Mikrochir Plast Chir 2005; 37 - 11
DOI: 10.1055/s-2005-864868

Nicht-vaskularisierte Zehen-Phalangen-Transplantation bei Symbrachydaktylie als Alternative zur freien Zehentransplantation mit mikrovaskulärem Anschluss

T Gohla 1, C Metz 1, U Lanz 1
  • 1Klinik für Handchirurgie, Bad Neustadt/Saale, Deutschland

Bei angeborener Hypo- oder Aplasie der Finger aufgrund einer Symbrachydaktylie oder eines Schnürringsyndroms stehen verschiedenste chirurgische Verfahren zur Rekonstruktion zur Verfügung. Wir präsentieren unsere Langzeit-Ergebnisse mit der Technik der nicht-vaskularisierten proximalen Zehen-Phalangen-Transplantation.

Methodik: Bei 48 Patienten, 21 männlich (44%), 27 weiblich (56%), wurden zwischen 1975 und 2003 insgesamt 113 nicht-vaskularisierte Zehen-Phalangen-Transplantationen durchgeführt. Hierbei kamen als Indikation verschiedene Subtypen der Symbrachydaktylie vor: Hypoplasie der Finger (n=9), Spalthand-Typ (n=10), monodaktyler Typ (n=14), peromeler Typ (n=15). In 8 Fällen bestand ein Schnürringsyndrom. Das Patientenalter bei der Erstoperation reichte von 6 Monaten bis zu 21 Jahren, das Durchschnittsalter lag bei 3,6 Jahren. Zusammenfassung der Resultate: Insgesamt konnten 48 Patienten mit 113 nicht-vaskularisierten Zehen-Phalangen-Transplantationen nachuntersucht werden. Die durchschnittliche Zeitspanne zwischen Erst-Operation und Nachuntersuchungen betrug 6,0 Jahre (Spanne: 4 Monate bis 14 Jahre). Am häufigsten wurden jeweils zwei Zehen-Phalangen bei 21 Patienten (43%) verpflanzt – bei 10 Patienten (21%) eine Zehen-Phalanx, bei jeweils acht Patienten (17%) drei und vier Zehen-Phalangen, in einem Fall fünf Zehen-Phalangen. Somit wurden je Patient durchschnittlich 2,3 Zehen-Phalangen transplantiert. Ein Wachstum von durchschnittlich 4,8mm (Maximum 18mm) konnte bei 64 Phalangen-Transplantationen (57%) radiologisch nachgewiesen werden, wobei sich in der Altersgruppe unter 18 Monaten ein deutlich besseres Wachstumspotential zeigte als bei älteren Patienten. Während bei 22 transplantierten Phalangen (19%) Resorptionszeichen auftraten, konnte bei 27 Phalangen-Transplantationen (24%) weder eine Resorption noch ein Größenzuwachs festgestellt werden. Bei 23 Patienten (48%) waren aufgrund folgender Probleme weitere Eingriffe an der Hand notwendig: Achsabweichungen (n=7), Narbenkontrakturen/hypertrophe Narben (n=6), Instabilitäten (n=5), partielle Hautnekrosen (n=4), 1 Transplantatverlust. Es traten lediglich bei 3 Patienten (6%) Komplikationen im Spenderareal auf. Eine gute Beweglichkeit konnte vor allem bei der Rekonstruktion auf Höhe der Metakarpophalangealgelenke erzielt werden.

Sowohl die Funktionalität, aber auch die Grenzen dieser Technik werden anhand ausgewählter Beispiele gezeigt.

Schlussfolgerungen: Durch eine nicht-vaskularisierte proximale Zehen-Phalangen-Transplantation kann eine Verlängerung und Stabilisierung bei Symbrachydaktylie oder Schnürringsyndromen erzielt werden. Das Operationsverfahren kann und sollte möglichst vor einem Patientenalter von 18 Monaten angewendet werden, insbesondere wegen des größeren Wachstumspotentials. Einen zusätzlichen Längengewinn kann man durch Sekundärmaßnahmen (Distraktion, Knochenspaninterposition) erreichen. Bei Bedarf kann zusätzlich eine freie mikrovaskuläre Zehentransplantation zur Verbesserung der Greiffunktion durchgeführt werden. Die nicht-vaskularisierte proximale Zehen-Phalangen-Transplantation stellt ein einfaches und sicheres Verfahren zur Verbesserung der Handfunktion bei Symbrachydaktylie oder Schnürringsyndromen dar.