Pneumologie 2005; 59 - VPPRS_9
DOI: 10.1055/s-2005-864635

Die bronchoalveoläre Lavage im Tierexperiment unter besonderer Berücksichtigung ARDS-induzierender und therapeutischer Aspekte

PG Germann 1, D Häfner 2, L Wollin 2
  • 1Department of Toxicology and Pathology, Preclinical Safety, Novartis Pharma AG, Basle, Switzerland
  • 2Department of Respiratory Pharmacology, Byk Gulden, Konstanz, Germany

Das vorliegende Übersichtsreferat widmet sich den verschiedenen Bedeutungen und Anwendungen, die eine bronchoalveoläre Lavage im tierexperimentellen, krankheits-induzierenden als auch experimentell-therapeutischen Einsatz bieten kann. Diese Ergebniszusammenfassung aus tierexperimentellen Untersuchungen zur Pathomorphologie und Pathophysiologie des akuten Atemnotsyndromes (ARDS) ist in 15 Publikationen sowie ergänzenden unveröffentlichten Ergebnissen unter Auswertung von insgesamt 4528 Versuchstieren dokumentiert worden. Dabei dienten atemphysiologisch-biochemische Parameter (respiratorische Compliance, PaO2, PaCO2), radioaktiv-markiertes Surfactantmaterial (Substanzverteilung), histologische (H&E, Spezialfärbungen), immunhistologische (Anti-rSP-C-Antikörper) und transmissionselektronen-mikroskopische Untersuchungen sowie der konfokal-mikroskopische Nachweis von Fibrinogen in der Lunge als Untersuchungsparameter. Den klinisch-physiologischen und biochemischen Parametern wurde eine validierte pathomorphologische Analyse als zweite Beurteilungskomponente gegenübergestellt. Diese Ergänzung des pathogenetischen Verständnisses des experimentellen ARDS diente der Überprüfung von verschiedenen therapeutischen Effekten. Durch einen Vergleich mit anderen Tiermodellen wurde die Relevanz der gewählten Modelle für die human-klinische ARDS-Situation hinterfragt. Die eigenen Untersuchungen zum krankheits-induzierenden ARDS-Lavagemodell der Ratte zeigen eine gute Vergleichbarkeit der histopathologischen Sequenz mit der Frühphase des exsudativen Stadiums des humanen ARDS, allerdings in zeitlich geraffter Form. Dabei erwies sich die kodierte semiquantitativ-histopathologische Bewertung der pulmonalen Ödembildung, des Einstromes von neutrophilen Granulozyten und insbesondere der Bildung von hyalinen Membranen als eine dem menschlichen ARDS vergleichbare und valide Methode zur Beurteilung von Therapieeffekten. Die Reproduzierbarkeit der Versuchsergebnisse sowie die Stabilität gegenüber zusätzlichen, teilweise nicht beeinflussbaren Variablen belegen, dass das Rattenlavagemodell im Vergleich zum porcinen oder IRDS-Schaflamm-Modell ein valides ARDS-Modell darstellt. Im Vergleich zum Rattenlavagemodell ist das porcine ARDS-Modell methodisch aufwändiger, zeigt eine höhere Streuung, verbraucht mehr Surfactantsubstanz und die histologischen Parameter sind nicht so genau validiert. Prinzipiell ist aber eine gute Übereinstimmung des porcinen und des Rattenmodells mit der ARDS-Symptomatik des Menschen zu konstatieren.

Die Entwicklung einer Surfactantlavagetherapie soll die Mengenbelastung der Lunge durch Phospholipide senken und das Surfactant als Austauschmedium im ARDS-Geschehen positiv zur Geltung bringen. Die positiven Erkenntnisse zur Surfactant-Spültherapie in eigenen und fremden ARDS-Modellen deuten einen konzeptionellen Ansatz mit möglicherweise hohem therapeutischen Wert an. Die Spültherapie ist substanzsparend und zeigt eine noch bessere Verteilung von Surfactant und Wirkstoffen innerhalb der Lunge. Sie entfernt die das Surfactant inhibierenden Plasmaproteine wie Fibrin, Komplement und die Entzündungszellen. Diese zur Zeit noch tierexperimentellen Erkenntnisse versprechen in der klinischen ARDS-Situation des Menschen eine gute Wirkung.