Hintergrund: Der Nutzen der offenen Lungenbiopsie bei beatmeten Patienten mit akuter Ateminsuffizienz unklarer Genese wird wegen ihres potenziell geringen diagnostischen Gewinns und möglicher Risiken angezweifelt.
Material und Methoden: Um Nutzen und Risiken zu untersuchen, führten wir eine retrospektive Auswertung der auf unserer internistischen Intensivstation (12 Betten) durchgeführten offenen Lungenbiopsien durch. In 6 Jahren wurden 22 Patienten (12 Frauen, 10 Männer, Altersmedian 53 Jahre) biopsiert. 59% der Patienten waren aufgrund Medikation oder Z.n. Transplantation immunsupprimiert. Bei allen Patienten wurde vor der Biopsie mindestens eine Bronchoskopie inkl. Lavage durchgeführt. Die Biopsie erfolgte via anterolaterale Thorakotomie.
Ergebnis: Die mediane Beatmungsdauer vor Biopsie betrug 8 Tage. Der PaO2/FIO2 zum Zeitpunkt der Biopsie lag bei 145 (93–430)mm Hg. Die Biopsie erfolgte bei 9 Patienten im OP und bei 13 auf der Intensivstation. In 68% der Fälle ergab sich eine spezifische Diagnose. Die Biopsieergebnisse führten bei 86% der Patienten zu einer Änderung der Behandlung: Umstellung der Antibiotika (4 Patienten), Beginn oder Intensivierung der Steroidtherapie (10), Indikation zur Lungentransplantation (3) und Begrenzung der Maßnahmen (4). Komplikationen traten bei 57% der Prozeduren auf, wobei es nur bei 2 Patienten zu größeren Komplikationen kam (eine Reoperation wg. Luftleck und eine transfusionsbedürftige Blutung). Die im OP bzw. im Intensivbett biopsierten Patienten unterschieden sich nicht hinsichtlich der Komplikationsrate. Es kam zu keinem prozedurenassoziierten Todesfall. 10 Patienten überlebten bis zur Hospitalentlassung.
Schlussfolgerung: In ausgewählten Beatmungspatienten mit schwerer, akuter respiratorischer Insuffizienz unklarer Ätiologie kann die offene Lungenbiopsie auf der Intensivstation mit verhältnismäßig geringem Risiko durchgeführt werden. Aus den Ergebnissen der Biopsie ergibt sich häufig eine Änderung der Therapie.