Problemstellung:
Es ist eine bislang noch wenig beantwortete Fragestellung, welche arbeitsbezogenen
Verhaltens- und Erlebensmuster bei Patienten mit psychischen und psychosomatischen
Erkrankungen hinsichtlich der klinischen Reaktionsbildungen und der Krankheitsverläufe
von Bedeutung sind (Leidig, 2003). Dies ist insofern erstaunlich, als der Umgang mit
Arbeit bezüglich der damit verbundenen Belastungen, aber auch der Ressourcen und die
Befürchtungen um den Verlust des Arbeitsplatzes für die gesellschaftliche und die
persönliche Wertigkeit von Arbeit eine vorrangige Rolle spielt (Bürger, 1997).
Methode:
Auf der Basis einer klinischen Stichprobe von 81 PatientInnen, die sich wegen psychischer
und psychosomatischer Erkrankungen in eine stationäre verhaltenstherapeutische Behandlung
und Rehabilitation begeben hatten, wurde untersucht, ob sich die von Schaarschmidt
und Fischer (2001) beschriebenen arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster (Gesundheitsmuster
G, Gesundheitsmuster S „Schonung“, Risikomuster A „Typ A-Verhalten“, Risikomuster
B „Burn-Out“) hinsichtlich ihrer klinischen Symptomatik unterscheiden und ob sich
differenzielle Behandlungsverläufe nach stationärer verhaltensmedizinischer Rehabilitation
ergeben.
Mit Hilfe eines pfadanalytischen Prädiktorenmodells sollte überprüft werden, ob sich
das katamnestische Ausmass an Arbeitsstressoren durch die Ergebnisse der stationären
Behandlungsverläufe vorhersagen lässt.
Ergebnisse:
Die Gesundheitstypen „Gesundheitsideal G“ und „Schonungstyp S“ unterscheiden sich
von den Risikotypen „A“ und „B“ deutlich hinsichtlich der Ausprägung ihrer Angstsymptomatik,
ihrer Depressivität, ihrer psychosomatischen Beschwerden und ihrer Lebenszufriedenheit
im Vorfeld stationärer Behandlungen.
Für die Gesundheitsmuster und die Risikomuster lassen sich unterschiedliche unmittelbare
(Aufnahme minus Entlassung) und langfristige (Aufnahme minus Katamnese) Ergebnisverläufe
identifizieren. Die Effektstärken der den Risikomustern zugeordneten Patientengruppen
erweisen sich als ausgeprägter als bei den Gesundheitsmustern.
Aus dem Kausalmodell zur Vorhersage der Arbeitsbelastungen nach zwei Jahren nach Behandlungsende
ist ableitbar, dass der Grad an psychischer Stabilität zum Ende der stationären Behandlung
als wichtigster Prädiktor identifiziert werden konnte. Die Veränderungen der Stressoren
„Arbeitsplatzgefährdung und Abstiegsängste“ sowie erlebter „Arbeitsdruck und Überforderung“
stehen mit einer Verbesserung der Lebenszufriedenheit (kurzfristig und auch langfristig)
in einem deutlichen Zusammenhang.
Diskussion und Bewertung:
Die den Gesundheitsmustern zugeordneten Patienten zeigen zu allen Messzeitpunkten
weniger klinische Auffälligkeiten. Die Risikomuster-Patienten profitieren unter Berücksichtigung
der Effektstärken in weitaus höherem Masse von der Behandlung; sie weisen jedoch im
gesamten Untersuchungsverlauf höhere klinische Werte auf.
Um eine langanhaltende gesundheitliche Stabilisierung bei allen arbeitsbezogenen Verhaltensmustern
zu erreichen, ist es erforderlich, stärker auf die Stärken und Schwächen des jeweiligen
Mustertyps einzugehen und musterbezogene Interventionen zu entwickeln.
Key words
Arbeitsbezogene Risikotypen - Effektgrößen - Medizinische Rehabilitation - Verlaufsmuster