Krebserkrankungen stellen einen bedeutsamen Eingriff in die Lebensqualität (LQ) und
insbesondere das Körpererleben (KE) eines Individuums dar. In der vorliegenden Studie
wurde neben standardisierten Fragebögen ein idiographischer Ansatz verwendet, um das
KE mittels individuums-spezifischer Konstrukte zu erfassen. Methode: 40 Krebspatienten (32 mit hämatologischen Neoplasien; m: w=21: 19; Alter 44, SD 12)
wurden mittels Körper-Grid sowie Fragebögen zu aktueller Befindlichkeit und LQ untersucht
und mit 40 Tinnituspatienten (m: w=21: 19; Alter MW 46, SD 12) und 20 Medizinstudenten
(m: w=10: 10; Alter MW 26, SD 2) verglichen. Die erhobenen Konstrukte wurden den Kategorien
Emotion, Kontrolle, Aktivität, Stärke, Funktion und Aussehen zugeordnet, basierend
auf einem 6-stufigen Kategorienmodell (Weber et al., 2001). Ergebnisse: Die Konstruktwahl war bei beiden Patientengruppen dominiert von der Kategorie Funktion
(Anteil von >25% vs. 8% bei den Studenten). Die Krebspatienten verwendeten mehr Konstrukte
der Kategorie Emotion als die Tinnituspatienten (21 vs. 12%), letztere wiederum mehr
aus der Kategorie Kontrolle (21 vs. 14%). Die Studenten wählten vorzugsweise Konstrukte
der Kategorien Emotion (21%) und Aussehen (21% vs. <10% bei den Patienten). Die Krebspatienten
zeigten mehr ängstliche Depressivität als die Tinnituspatienten (p=0,028) und eine
signifikant geringere subjektive LQ (p<0,0005). Diskussion: Die Studie zeigt deutliche Gruppenunterschiede in den untersuchten Aspekten des KE.
Die Krebspatienten fokussieren einerseits funktionale Aspekte, was vor dem Hintergrund
der bereits eingetretenen oder phantasierten Einschränkungen durch die Erkrankung
möglicherweise auch als Coping-Strategie zu verstehen ist. Am zweithäufigsten verwenden
sie jedoch emotionale Konstrukte, die auf die existentielle Bedrohung und entsprechende
psychische Labilisierung verweisen. Letztere wird durch die Fragebogen-Ergebnisse
unterstrichen.
Schlüsselwörter
Körpererleben - Krebs - Konstrukte - Kategorien - funktional - emotional