Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - P_123
DOI: 10.1055/s-2005-863557

Eltern-Kind-Beziehung und psychopathologische Komorbidität bei Patienten mit somatoformer Schmerzstörung

AM Sidor 1, J Hardt 1, R Nickel 1, N Kappis 1, F Petrak 1, UT Egle 1
  • 1Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Mainz

In dieser Studie wurde der Frage des Einflusses der Kindheitsbelastungsfaktoren auf die psychopathologische Symptomatik im Erwachsenenalter bei Patienten mit somatoformer Schmerzstörung nachgegangen.

Im Rahmen einer konsekutiver Rekrutierung wurden 283 Patienten mit der Diagnose somatoforme Schmerzstörung (Durchschnittsalter 45,3 Jahren, 74% Frauen) untersucht. Eltern-Kind-Beziehung wurde mit Kindheitsfragebogen (KFB) gemessen. Die life-time Störungsbilder, wie Depression (F32, F33 u. F34.1), Angststörung (F40, F41 u. F43.1) und aktuelle somatoforme Schmerzstörung (F45.4) wurden mit Strukturiertem Klinischen Interview nach DSM IV (SKID) erhoben. Die Kontrollgruppe bestand aus 396 Patienten ohne psychopathologische Symptomatik (GSI 27 cut-off=0,8) aus Allgemeinenpraxen.

Es zeigte sich, dass für die somatoforme Störung ohne Komorbidität Ehrgeiz der Mutter und Geschlecht signifikante Prädiktoren waren. Für die Angststörung als Komorbidität wiesen sich überwiegend die auf den Vater bezogenen Beziehungen als signifikanten Prädiktoren aus. Diese waren mangelnde Bagatellisierung des väterlichen Strafverhaltens, Idealisierung des Vaters und väterliche Kontrolle. Depression als Komorbidität ließ sich hingegen durch auf die Mutter bezogenen Beziehungen vorhersagen, nämlich durch Ehrgeiz der Mutter und Rollenumkehr (im Sinne der Rollenübernahme der Patienten für ihre Mütter) sowie durch Geschlecht. Es wurden dabei keine Interaktionseffekte zwischen KFB und dem Geschlecht festgestellt.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass Mütter und Väter einen möglicherweise distinktiven Einfluss auf die Vulnerabilität für oben genannte Störungsbilder haben. Weiterhin lassen sich Prädiktoren der Angststörung und der Depression gut voneinander trennen, während Prädiktoren der Depression und der somatoformen Schmerzstörung ohne Komorbidität nur wenig voneinander abweichen.