Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - P_101
DOI: 10.1055/s-2005-863537

Die Selbstwahrnehmungsskala–ein ökonomisches Instrument zur Erfassung von klinisch relevanten Selbstaspekten

K Pöhlmann 1, P Joraschky 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, TU Dresden

Horowitz nimmt an, dass Krisen und psychische Belastung vorübergehend die Integration des Selbstsystems beeinträchtigen können. Er konnte zeigen, dass niedrige Werte seiner Selbstwahrnehmungsskala (Horowitz et al., 1996) mit hoher und längerer psychischer Belastung korrelieren. Das eindimensionale Instrument enthält fünf Items, anhand derer die Aspekte Gesichtsausdruck, Erschöpfungsgefühl, seelische Verfassung, körperliche Verfassung und „meine Person als eine Einheit“ auf bipolaren 10-Punkte-Skalen eingeschätzt werden. Die deutsche Version der Selbstwahrnehmungsskala (Maercker, 1996) wurde in einer Stichprobe von 160 Erwachsenen eingesetzt, um Faktorenstruktur und Reliabilität zu bestimmen. Zur Validierung wurden das Selbstkonzept (Frankfurter Selbstkonzeptskalen; Deusinger, 1986) und die seelische Gesundheit (SOC-L9; Schumacher et al., 2000) erfasst. Zusätzlich wurde das Instrument in einer klinischen Stichprobe (N=32) am Anfang und am Ende der Therapie eingesetzt, um die Veränderungssensitivität zu prüfen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Instrument einfaktoriell (59% Varianzaufklärung) und reliabel (Cronbachs Alpha=0,82) ist. Die Korrelationen mit Selbstkonzept- und Gesundheitsmaßen (r=0,60–0,70) zeigen die inhaltliche Nähe des Instruments zu Selbstkonzept und Gesundheit. Im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung verbessern sich die Werte signifikant von negativen zu positiven Bewertungen (p=0,000). Die Selbstwahrnehmungsskala stellt damit ein interessantes, ökonomisches und vielseitig einsetzbares Instrument dar, das klinisch relevante Aspekte im Schnittbereich von Selbstorganisation und seelischer Gesundheit abbildet.