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DOI: 10.1055/s-2005-863491
„Komm hör auf damit, dann biste wieder wer!“ – Umgang mit Sucht bei Hausärzten und Suchtberatern
Hintergrund: Probleme im Umgang mit Suchtmitteln in der Bevölkerung sind häufig, werden allerdings oft erst spät in der hausärztlichen Versorgung zum Thema. Suchtkrankheiten sind in der hausärztlichen Versorgung unbeliebt, Suchtpatienten gelten als „undankbare“ Patienten. Dennoch werden Suchtprobleme meist erstmalig beim Hausarzt angesprochen. Spezifische Qualifizierung im Umgang mit Sucht ist in der medizinischen Aus- und Weiterbildung bislang nicht vorgesehen, die Zusammenarbeit mit komplementären Einrichtungen der Suchthilfe ist oft spärlich oder konfliktbehaftet.
Ziel: Im Rahmen einer Expertise zu Sucht und Migration von 1999 bis 2001 wurde für das BMG eine qualitative Befragung von Hausärzten und Suchtberatern durchgeführt mit dem Ziel, die berufsspezifischen Einstellungen und Haltungen gegenüber suchtgefährdeten und süchtigen Menschen zu typisieren und weiterführende Überlegungen über eine Optimierung und Intensivierung der Zusammenarbeit anzustellen.
Methoden: Es wurden mit Hilfe eines speziellen Interviewleitfadens offen strukturierte, 30 bis 60 minütige Experteninterviews mit 37 niedergelassenen Hausärzten und 17 Beratern der Suchthilfe geführt. Diese wurden anschließend transkribiert. Die Transkripte waren Grundlage für eine weiterführende qualitative, inhaltlich-reduktive Inhaltsanalyse mit dem Ziel der Typisierung von Einstellungen und Haltungen der beiden Berufsgruppen.
Ergebnisse: Umgang mit Sucht und Suchtgefährdung wird von vielen Hausärzten der Primärversorgung als schwierig und frustran erlebt. Konzeptionell orientierten sich die Hausärzte an traditionellen Konzepten der Entgiftung, Entwöhnung und Abstinenz, Suchtberater stärker an suchtakzeptierenden Ansätzen. In der hausärztlichen Interaktion dominieren paternalistische, z.T. moralisierende und autoritäre Kommunikationsstile, unter Suchtberatern stärker lösungs- und ressourcenorientierte Haltungen. Kooperationsvorstellungen sind heterogen.
Key words
Beratung - Hausarzt - Psychoedukation - Psychosomatische Grundversorgung - Qualitative Forschung - Versorgungsforschung - interdisziplinäre Kooperation