Hintergrund: Die Anpassungsfähigkeit des autonomen Nervensystems als Indikator für psychische
Funktionsfähigkeit wird als Variante der Zusatzdiagnostik für therapeutische Veränderungen
dikutiert.
Methode: In einer Pilotstudie wurde die kardiale Stressreaktivität von 20 herzgesunden depressiven
Patienten in der Initialphase ihrer stationären Psychotherapie gemessen. Herzrate,
Blutdruck, Pumpfunktion (SI), Barorezeptorsensitivität (BRS) und Hochfrequenz-Herzratenvariabilität
(HF-HRV) wurden nicht-invasiv in Ruhe und bei induziertem Stress gemessen. Aus der
Differenz der aggregierten Werte von Ruhe- und Stressbedingung wurde ein Reaktivitätsmaß
errechnet. Dieses Reaktivitätsmaß wurde mit Psychotherapieerfolg (GSI-Residualwerte
des SCL-90-R) und Beziehungsdisposition (RSQ-Skalen) in Relation gesetzt.
Ergebnisse: Über durchnittlich drei Monate Psychotherapie veränderte sich der mittlere GSI von
1,42 (SD 0,47) zu 0,58 (SD 0,26). BRS-Reaktivität korrelierte signifikant mit GSI-Residualwerten
(r=-.57, p<0,01, zweiseitig). Dieses Ergebnis blieb auch nach Kontrolle von diversen
Parametern in einer multiplen Regression bestehen. RSQ-Skalen korrelierten (alle zweiseitig)
wie folgt mit Reaktivitätsdaten: Angst vor Nähe mit SI (r=-.46, p<0,03) und BRS (r=-.49,
p<0,03), Angst vor Trennung mit SI (r=0,5, p<0,03, zweiseitig) und logarithmierter
HF-HRV (r=0,53, p<0,02), Wunsch nach Unabhängigkeit mit logarithmierter HF-HRV (r=-.52,
p<0,02).
Diskussion: Die Befunde zu BRS-Reaktivität und GSI-Residuen deuten darauf hin, dass initial bessere
vagale autonome Regulationsfähigkeit mit Therapieerfolg in einer linearen Beziehung
stehen könnte. Gleichzeitig legen die explorativen Ergebnisse zum Einfluss von Beziehungsdispositionen
nahe, dass es verschiedene kardiovaskuläre Reaktionsmuster innerhalb einer depressiven
Stichprobe geben kann, die mit unterschiedlichen depressiven Stilen (beziehungsorientiert
vs. beziehungsvermeidend) zusammenhängen könnten.
Key words
Prädiktor - Outcome - Physiologie