Angehörige akut Hirngeschädigter sind einer Vielzahl an Belastungen ausgesetzt. Vor
allem die mittel- und langfristigen Auswirkungen sind bislang untersucht worden. In
den wenigen Studien, die die psychische Befindlichkeit der Angehörigen von Schädelhirntrauma-Patienten
in den ersten Wochen nach der Verletzung untersuchten, ergaben sich Prävalenzraten
von 30 bis 40%. In unserer prospektiven Studie wurden Patienten mit Schädelhirntrauma
bzw. Subarachnoidalblutung und deren Partner befragt. Es nahmen N=71 Paare teil (Alter
M=44,3 Jahre; SD=10,6). Die Partner wurden im Durchschnitt etwa 6 Wochen nach der
Verletzung des Patienten befragt. Die Katamnesen wurden in sechs-monatigem Abstand
durchgeführt. Die psychische Befindlichkeit wurde mittels Beck-Angst-Inventar bzw.
Beck-Depressions-Inventar erhoben. Die Prävalenz für Angst und Depressivität betrug
zum ersten Zeitpunkt 51% bzw. 49%. Nach sechs Monaten sank die Prävalenz auf 32% bzw.
9%. In den folgenden sechs Monaten ergaben sich nur wenige Veränderungen: Ein Jahr
nach der Verletzung betrug die Prävalenz für Angst und Depressivität 25% bzw. 10%.
Im Unterschied zum ersten Zeitpunkt bestand zu den Katamnesen kein Zusammenhang zwischen
Befindlichkeit und funktionaler Selbständigkeit des Patienten. Parterschaftsvariablen
wiesen nur schwache Zusammenhänge mit der Befindlichkeit auf. Es zeigt sich eine höhere
Prävalenz in der frühen Phase als in vorliegenden Arbeiten. Analog anderer Studien
fanden wir eine höhere Prävalenz von Angst gegenüber Depressivität und eine Abnahme
der Beeinträchtigung vor allem innerhalb der ersten sechs Monate. Aber auch ein Jahr
nach Verletzung gab ein hoher Anteil an Partnern eine relevante Beeinträchtigung an.
Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, in der Behandlungskette nach einer akuten Hirnschädigung
Angebote für Partner bereitzuhalten. Ferner liefern die Ergebnisse Hinweise auf eine
mittelfristige Relevanz von Paarmerkmalen.
Schlüsselwörter
Angehörige - Familie - Hirnschädigung - Psychische Befindlichkeit - Schädelhirntrauma