Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - P_019
DOI: 10.1055/s-2005-863456

Angst und Depressivität bei Partnern von Patienten mit akuter Hirnschädigung

A Dinkel 1, F Balck 1
  • 1Medizinische Psychologie Universitätsklinikum Dresden

Angehörige akut Hirngeschädigter sind einer Vielzahl an Belastungen ausgesetzt. Vor allem die mittel- und langfristigen Auswirkungen sind bislang untersucht worden. In den wenigen Studien, die die psychische Befindlichkeit der Angehörigen von Schädelhirntrauma-Patienten in den ersten Wochen nach der Verletzung untersuchten, ergaben sich Prävalenzraten von 30 bis 40%. In unserer prospektiven Studie wurden Patienten mit Schädelhirntrauma bzw. Subarachnoidalblutung und deren Partner befragt. Es nahmen N=71 Paare teil (Alter M=44,3 Jahre; SD=10,6). Die Partner wurden im Durchschnitt etwa 6 Wochen nach der Verletzung des Patienten befragt. Die Katamnesen wurden in sechs-monatigem Abstand durchgeführt. Die psychische Befindlichkeit wurde mittels Beck-Angst-Inventar bzw. Beck-Depressions-Inventar erhoben. Die Prävalenz für Angst und Depressivität betrug zum ersten Zeitpunkt 51% bzw. 49%. Nach sechs Monaten sank die Prävalenz auf 32% bzw. 9%. In den folgenden sechs Monaten ergaben sich nur wenige Veränderungen: Ein Jahr nach der Verletzung betrug die Prävalenz für Angst und Depressivität 25% bzw. 10%. Im Unterschied zum ersten Zeitpunkt bestand zu den Katamnesen kein Zusammenhang zwischen Befindlichkeit und funktionaler Selbständigkeit des Patienten. Parterschaftsvariablen wiesen nur schwache Zusammenhänge mit der Befindlichkeit auf. Es zeigt sich eine höhere Prävalenz in der frühen Phase als in vorliegenden Arbeiten. Analog anderer Studien fanden wir eine höhere Prävalenz von Angst gegenüber Depressivität und eine Abnahme der Beeinträchtigung vor allem innerhalb der ersten sechs Monate. Aber auch ein Jahr nach Verletzung gab ein hoher Anteil an Partnern eine relevante Beeinträchtigung an. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, in der Behandlungskette nach einer akuten Hirnschädigung Angebote für Partner bereitzuhalten. Ferner liefern die Ergebnisse Hinweise auf eine mittelfristige Relevanz von Paarmerkmalen.