Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - P_005
DOI: 10.1055/s-2005-863442

Therapieziele und Selbstregulationsstrategien von Anorexie- und Bulimiepatientinnen in der stationären Psychotherapie – erste Ergebnisse einer Pilotstudie

K Aschenbrenner 1, P Joraschky 2, K Pöhlmann 2
  • 1Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin, Uniklinik Dresden Uniklinik Dresden
  • 2Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden

Therapieziele können als Teilmenge der persönlichen Ziele der Person verstanden werden. Persönliche Ziele sind idiografisch formulierte mittelfristige Anliegen, deren Realisierung die Person anstrebt. Sie verbinden langfristige, generelle Lebensorientierungen der Person mit ihrem Handeln in konkreten Alltagssituationen. Zusätzlich zu einer inhaltlichen Kategorisierung dieser Anliegen liefert die Erfassung der Strategien, die die Person zum Erreichen ihres Therapieziels einsetzt, wichtige Informationen über ihre Selbstregulationsprozesse. Therapieziele wurden frei formuliert und nach Lebensbereichen (z.B. Gesundheit, Persönlichkeitsentwicklung, Partnerschaft) kategorisiert. Selbstregulationsstrategien wurden anhand der Goal Systems Assessment Battery (Karoly & Ruehlmann, 1995; Pöhlmann, 1996) u.a. nach Wichtigkeit, Selbstwirksamkeit, Selbstaufmerksamkeit und positiver und negativer Aktivierung bewertet. Untersucht wurde, ob sich die Therapieziele und Selbstregulationsprozesse von Anorexie- (n=20) und Bulimiepatientinnen (n=20) unterscheiden. Die beiden Gruppen unterschieden sich im Alter und im Maß der Beeinträchtigung (GSI der SCL90R, KOEPS und Depression (BDI)) nicht. Anzahl und Inhalte der genannten mittelfristigen Ziele waren bei Anorexie- und Bulimiepatientinnen gleich. Die Anorexiepatientinnen wiesen allerdings zu Beginn der Therapie größere Selbstregulationsdefizite auf. Ihre Selbstwirksamkeitseinschätzung und ihre Selbstaufmerksamkeit waren signifikant niedriger. Sie planten ihr zielgerichtetes Handeln weniger, belohnten sich für Fortschritte bei der Zielerreichung weniger und das Verfolgen ihres Therapieziels löste weniger angenehme Gefühle aus (alle ps<0,04). Obwohl Schweregradindices die beiden Gruppen nicht unterscheiden, weisen Anorexiepatientinnen zu Beginn der Therapie größere Selbstregulationsdefizite auf als Bulimiepatientinnen. Die Auswirkungen auf den Therapieverlauf werden in einer Längsschnittstudie untersucht.