Einleitung: Das vielschichtige Konstrukt der Alexithymie ist mit Defiziten in der non-verbalen
Affekterkennung und dem Affektausdruck verbunden. Weil non-verbale Kommunikation zwischenmenschliche
Beziehungen erheblich mitgestaltet, vermuteten wir einen Zusammenhang zwischen Alexithymie
und interpersonalen Problemen. Methodik: 149 psychiatrisch-psychotherapeutische Patienten (mittleres Alter 39,5±11,3 Jahre)
wurden mit der Toronto Alexithymie-Skala (TAS-20), dem Inventar zur Erfassung Interpersonler
Probleme (IIP) und der Symptom Checkliste (SCL-90) untersucht. Ergebnisse: Hoch-alexithyme Patienten (TAS ≥61; N=50) hatten deutlich mehr interpersonale Probleme
als die Gruppe der niedrig-alexithymen Patienten (TAS ≤51; N=60), auch unter Kontrolle
allgemeiner Psychopathologie (SCL-90). Signifikante Unterschiede fanden sich v.a.
für die Bereiche „zu abweisend“ und „zu introvertiert“. Die Subskalen „Schwierigkeiten,
Gefühle zu beschreiben“ der TAS-20 zeigte durchgängig die höchsten Korrelationen mit
interpersonaler Beziehungsproblematik. Diskussion: Unsere Befunde zeigen, dass der interpersonale Stil alexithymer Patienten durch ein
abweisend-kaltes und introvertiert-sozial vermeidendes Verhalten gekennzeichnet ist.
Dies korrespondiert gut mit anderen Studien, die einen unsicheren Bindungsstil bei
alexithymen Personen gefunden haben, der seinerseits mit dem interpersonaler Beziehungsmuster
eines abweisenden und sozial vermeidenden Verhaltens assoziiert ist. Aus einer entwicklungspsychologischen
Perspektive können Alexithymie und unsichere Bindung durch Inkongruenzen in der frühen
Mutter-Kind-Beziehung erklärt werden. Alexithymie repräsentiert nicht nur eine Störung
der internen Affektregulation, sondern auch die Unfähigkeit, soziale Interaktionen
zu diesem Zweck zu nutzen.
Key words
Affektregulation - Alexithymie - interpersonale Probleme und Theorie