Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - S_068
DOI: 10.1055/s-2005-863414

Psychische Befindlichkeit und Frühgeburt – Eine prospektive Studie bei Frauen mit stationär behandelter vorzeitiger Wehentätigkeit

S Röhl 1, B Schücking 1
  • 1Universität Osnabrück, FB 08/Gesundheitswissenschaften, Osnabrück

Fragestellung:

Einer Frühgeburt geht bei 35,5% der betroffenen Frauen eine vorzeitige Wehentätigkeit voraus. Die Frühgeburtenrate beträgt 7% bei allen Lebendgeburten; gegenüber 33% bei Frauen mit vorzeitiger Wehentätigkeit. Für vorzeitige Wehen und Frühgeburtlichkeit sind psychische Einflussfaktoren wie Stress relevant. Gleichzeitig werden für Frauen mit Risikoschwangerschaften höhere Werte für Angst und Depressivität beschrieben. Vor diesem Hintergrund sollte die psychische Befindlichkeit während der Schwangerschaft und deren Einfluss auf den Zeitpunkt der Geburt ermittelt werden.

Methode:

Die prospektive Studie an Schwangeren in stationärer Therapie aufgrund vorzeitiger Wehentätigkeit wurde in 13 Kliniken durchgeführt. Der HADS, zur Messung von Angst und Depressivität, kam zum ersten Erhebungszeitpunkt (t1) während der stationären Behandlung zum Einsatz. Die Studie umfasst zu t1 200 Schwangerschaften. Der zweite Erhebungszeitpunkt, nach der Geburt, ermöglichte die Einteilung in Frauen mit Frühgeburt vs. Termingeburt.

Ergebnisse:

Bei einem Gruppenvergleich der Frauen mit Früh- bzw. Termingeburt zeigen sich nur für die Depressivitätsskala sign. (p=0,024) Unterschiede zu ungunsten der Frauen mit Frühgeburt. In dieser Gruppe beträgt der Wert 4,8 gegenüber 3,1 bei Frauen mit Termingeburt. Die Regressionsanalyse zum Einfluss von Angst und Depressivität auf die SSW der Geburt ergibt lediglich für die Depressivitätsskala einen sign. Zusammenhang (p=0,032 r=–0,215). Danach neigen Frauen mit steigenden Depressivitätswerten eher zu einer Frühgeburt.

Fazit:

Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Ausprägung von Depressivität (im unauffälligen Bereich) bei Frauen mit vorzeitiger Wehentätigkeit und dem Zeitpunkt der Geburt. Für die klinische Praxis könnte der HADS aufzeigen, welche Frauen über eine medizinische Versorgung hinaus, Unterstützung benötigen, um den Schwangerschaftsausgang positiv zu beeinflussen.

Die vorliegenden Ergebnisse repräsentieren ca. 80% der zu erwartenden Gesamtstichprobe. Gegenstand der Erhebung war ebenfalls der Einfluss des Kohärenzgefühls (sense of coherence – SOC) auf den Schwangerschaftsausgang. Der SOC korreliert (negativ) höchst signifikant mit beiden Skalen des HADS. Die Vorstellung der Ergebnisse bzw. der Vergleich beider Instrumente ist hier aus Platzgründen entfallen.