Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - S_063
DOI: 10.1055/s-2005-863409

Juckreiz und ZNS–ZNS-Aktivierung durch Histamin induzierten Juckreiz

V Niemeier 1, MN Sadlo 2, J Kupfer 3, B Brosig 2, R Stark 4, D Vaitl 4, B Walter 4, U Gieler 2
  • 1Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie (AG Psychosomatische Dermatologie) der JLU, Gießen
  • 2Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Gießen
  • 3Abteilung Medizinische Psychologie, Zentrum für Psychosomatische Medizin, Universitätsklinikum Gießen
  • 4Bender Institute of Neuroimaging, Gießen

Einleitung: Juckreiz ist seit 1616 definiert als unangenehme Sensation, die den Drang nach sich zieht zu kratzen. Bisher sind nur wenige Studien bekannt, die die Anatomie der Hirnfunktionen nach einem Juckreizstimulus untersucht haben. Ziel: Die vorliegende Studie wurde mit dem Ziel durchgeführt, Hirnareale zu identifizieren, die in die Juckreizverarbeitung nach subkutaner Histaminapplikation mittels Prick-Test involviert sind. Methoden: Es wurden n=8 gesunde, freiwillige Probanden untersucht, denen am linken ventralen Unterarm ein in der allergologischen Diagnostik üblicher Prick-Test mit Histamin appliziert wurde. In einer einfach blinden Versuchsanordnung wurde den Probanden zur Kontrolle physiologische Kochsalzlösung (0,9% NaCl) verabreicht und die ZNS-Aktivierung im funktionellen Magnet Resonanz Imaging (fMRT) verglichen. Sie statistische Auswertung erfolgte mittels SPM (statistical parametrical mapping). Ergebnisse: Die ZNS-Aktivierung durch Histamin konnte in acht verschiedenen Clustern lokalisiert werden, die sich vorwiegend in den frontalen Arealen befanden. Eine mediale frontale Aktivierung konnte im superioren frontalen Gyrus und im Gyrus rectus in beiden Hemisphären nachgewiesen werden. Ein kleiner Anteil des linken anterioren Gyrus cingulus zeigte ebenfalls Aktivität. In der rechten Hemisphäre wurden Cluster im inferioren frontalen Gyrus und in den orbitalen sowie dorsolateralen Anteilen des superioren frontalen Gyrus gefunden. Weitere Aktivierungen waren im linken temporalen Pol und in einigen Teilen des linken Kleinhirns nachweisbar. Diskussion: Die Studie zeigt, dass Juckreiz verschiedene Hirnareale aktiviert. Vorwiegend werden Cluster in den frontalen aber auch in den sogenannten emotionalen Arealen gefunden. Die Aktivierungsmuster stimmen nicht mit den bisher bekannten Clustern nach Schmerzreizen überein. Weitere Studien sind erforderlich, um die Juckreizverarbeitung besser zu verstehen und Pruritus effektiver behandeln zu können.