Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - S_061
DOI: 10.1055/s-2005-863407

Bindung und früher Stress bei Patienten mit somatoformer Schmerzerkrankung

R Nickel 1, B Kappis 2, F Petrak 2, J Hardt 2, UT Egle 2
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Mainz
  • 2Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Mainz

Fragestellung: Die Studie erfasst die Erwachsenenbindung bei Patienten mit somatoformer Schmerzerkrankung. Es wird der Zusammenhang zwischen Bindung und der erlebten Beziehung zu den Eltern sowie frühe Traumatisierungen untersucht.

Methode: 283 Patienten mit einer somatoformen Schmerzerkrankung wurden in die Studie eingeschlossen. Neben einer biografischen Anamnese (MSBA) wurden psychometrische Testuntersuchungen (BFKE, KFB) durchgeführt. Frühe Stresserfahrungen wurden mit dem MSBA erfasst, die Erwachsenenbindung mit dem Bielefelder Fragebogen zur Klientenerwartung (BFKE), das subjektive Beziehungserleben zu den Eltern mit dem Kindheitsfragebogen (KFB).

Ergebnisse: 65,7% der Patienten waren unsicher-vermeidend, 26,6% waren unsicher-ambivalent und nur 7,7% waren sicher gebunden. Sicher Gebundene hatten signifikant häufiger eine feste Bezugsperson (p<0,02). Die Rivalität der Geschwister um die Mutter (p=0,002) und den Vater (p<0,004) war ebenfalls in der Gruppe der sicher Gebundenen verglichen mit den unsicheren signifikant geringer. Signifikante Zusammenhänge zwischen unsicherer Erwachsensenbindung und früher Beziehung zeigten sich bezogen auf das mütterliche Strafverhalten (p=0,006), das Kontrollverhalten (p=0,002) und Rollenumkehr (p<0,0001) sowie bezogen auf das erlebte väterliche Kontrollverhalten (p=0,02), den Ehrgeiz (p<0,0001) und das Merkmal Rollenumkehr (p=0,004).

Diskussion: Die Ergebnisse legen die Schlussfolgerungen nahe, dass für die Erwachsenenbindung stärker das subjektive Beziehungserleben, als Kind als real erlebte Stresserfahrungen bedeutsam sind, auch wenn beides nicht voneinander unabhängig ist. Der große Anteil von somatoformen Schmerzkranken mit unsicher-vermeidender Bindung hat weitreichende Konsequenzen für die Gestaltung des psychotherapeutischen Zugangs.

Gefördert von der DFG (EG 125/1)