Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - S_056
DOI: 10.1055/s-2005-863402

Die funktionelle Neuroanatomie der Schmerzwahrnehmung bei hypnotisch induzierter Depersonalisation

M Michal 1, C Röder 2, DEJ Linden 3, H Mohr 1, G Overbeck 1
  • 1Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • 2Dept. of Psychiatry, Erasmus University, Medical School, Rotterdam, The Netherlands
  • 3School of Psychology, University of Wales, Bangor, UK

Die Depersonalisation (DP) ist eine Ich-Störung, die durch ein Gefühl der Losgelöstheit vom eigenem Selbst und Körper gekennzeichnet ist und typischerweise mit einer reduzierten Schmerzempfindung verbunden ist. Ätiologisch ist die DP als präformierte Reaktion des Gehirns auf unterschiedliche seelische oder körperliche Belastungen zu verstehen, psychodynamisch stellt sie einen komplexen psychischen Abwehmechanismus dar. Das Ziel der Studie ist es, eine hypnotisch induzierte DP als heuristisches Modell für die Untersuchung ihrer neurobiologischen Grundlagen einzusetzen. Die neurobiologischen Korrelate der experimentell durch Hypnose induzierten Ablösung vom eigenen Körper (DP) sollen mittels funktioneller MRT dargestellt werden, wobei sich die Untersuchung auf die Erfassung des reduzierten Schmerzempfindens, einem Teilaspekt der DP, konzentriert. Die Stichprobe umfasst 7 hochhypnotisierbare gesunde Probanden (HGSHS: A ≥8). Der Stimulus besteht in elektrischen Schmerzreizen unterschiedlicher Stärke, die am N. medianus der rechten Hand zugefügt wurden. Motorische Schwelle und Schmerzschwelle wurden individuell bestimmt. Die Untersuchungsbedingungen sind die drei Bewußtseinszustände: WACH (W), hypnotische Entspannung (H-E) und hypnotisch induzierte DP (H-DP). In W kam es zu Aktivierungen, die der Literatur zur Neurobiologie des Schmerzes entsprechen. In H-DP ergab sich eine deutlich reduzierte Aktivierung limbischer, sekundärer und primärer somatosensorischen Areale, die jedoch allein im primärsensorischen Areal signifikant war. Die subjektiv reduzierte Schmerzempfindung in H-DP versus W entspricht den f-MRT-Ergebnissen. Die reduzierte Aktivierung sensorischer und limbischer Areale in der h-DP kann als neurobiologisches Korrelat des Abzuges der Aufmerksamkeit von der eigenen Körperwahrnehmung gewertet werden. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der relevanten Literatur diskutiert.