Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - S_037
DOI: 10.1055/s-2005-863383

Mehrebenenerhebung von emotionalem Erleben im musiktherapeutischen Prozess – Abbildung des Bionschen Containments

U Inselmann 1
  • 1Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie der Universität Würzburg

Die Arbeit am emotionalen Erleben ist neben interaktionalen Prozessen und Probehandeln wesentlicher therapeutischer Wirkfaktor in der Musiktherapie. Ziel einer semiquantitativ-qualitativen Mehrebenenuntersuchung einer Musiktherapie war es 1. den emotionalen Therapieprozess in einzelnen Stunden abzubilden, 2. intraindividuelle Zusammenhänge zwischen Musikimprovisationen und emotionalem Selbsterleben zu untersuchen und 3. das intra- und interindividuelle Beziehungsgeflecht im Zusammenhang mit den Therapiethemen der jeweiligen Stunde zu interpretieren. Methode: In vier Stunden einer Einzelmusiktherapie über 50 Stunden wurden das emotionale Erleben einer Patientin und ihrer Therapeutin vor und nach jeder Stunde in Selbsteinschätzung (Stuttgarter Bogen) und der emotionale Ausdruck von mindestens 2 Musikimprovisationen pro Stunde (externes Rating) erfasst. Ergebnisse: Innerhalb der Stunden ließ sich ein Prozess bezüglich der Musikimprovisationen sowie des Selbsterlebens darstellen. Das emotionale Selbsterleben der Patientin war kongruent zum extern gerateten emotionalen Ausdruck ihres Musikspiels. Hingegen war das emotionale Selbsterleben der Therapeutin nur zum Teil kongruent, jedoch im Zusammenhang mit depressiven und Schuldgefühlen der Patientin inkongruent zum extern gearteten emotionalen Ausdruck ihres Musikspiels. Schlussfolgerung: Die Diskrepanz zwischen Außenwahrnehmung des musikalischen emotionalen Ausdrucks und emotionalem Selbsterleben der Therapeutin kann mit Hilfe des Bionschen Modells des Containments erklärt werden, das anders herum durch diese Art der Erhebung abbildbar und verständlich wird.