Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - S_032
DOI: 10.1055/s-2005-863378

Psychosoziale und biologische Determinanten vitaler Erschöpfung bei Patienten mit Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz (HI) – Baseline-Ergebnisse der MedViP-Studie

C Herrmann-Lingen 1, L Binder 2, D Wetzel 3, I Yücel 1, C Lüers 4, C Pouwels 2, MM Kochen 3, B Pieske 4
  • 1Klinik für Psychosomatik, Schwerpunkt Psychokardiologie, Göttingen
  • 2Klinische Chemie, Uni Göttingen
  • 3Allgemeinmedizin, Uni Göttingen, Göttingen
  • 4Kardiologie und Pneumologie, Uni Göttingen

Hintergrund: Die Symptomatik von Herzpatienten korreliert mit psychosozialen und z.T. humoralen Messwerten aber kaum mit kardialen Befunden. Wir wollten daher unabhängige Effekte von Persönlichkeit, sozialer Unterstützung und humoralen Faktoren (Interleukin 6 [IL-6], pro Brain Natriuretic Peptide [proBNP]) auf das Ausmaß Vitaler Erschöpfung (VE) ermitteln.

Methodik: 368 allgemeinärztliche Patienten mit Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz wurden kardiologisch (incl. Echokardiogramm) und psychometrisch (Maastricht Questionnaire [MQ], Typ D-Skala, Relationship Scales Questionnaire, Fragebogen zur sozialen Unterstützung) untersucht. Bei Patienten im niedrigsten (VE-) und höchsten (VE+) MQ-Quartil wurde zudem IL-6 und proBNP gemessen.

Ergebnisse: Bei den 182 Pat. (92 VE-, 90 VE+; 62% Männer, 62±11J.) bestand in 86% ein Hypertonus, in 35% ein Diabetes und in 29% eine Koronarerkrankung aber keine manifeste Herzinsuffizienz. Somatische bzw. psychosoziale Befunde erklärten in separaten logistischen Regressionsanalysen die VE-Gruppenzugehörigkeit. Dabei wurden durch somatische Prädiktoren (weibl. Geschlecht, niedrige Ejektionsfraktion bzw. Herzfrequenz, Betablockermedikation, höheres IL-6 und niedrigeres proBNP) 69,8% und durch psychosoziale Prädiktoren (Typ D, niedrige soziale Unterstützung) 74,9% der Patienten korrekt zugeordnet. Bei gleichzeitigem Einschluss somatischer und psychosozialer Prädiktoren ergab sich ein verbessertes Modell mit 79,9% korrekten Klassifikationen bei Signifikanz aller o.g. Prädiktoren außer der Betablockermedikation.

Fazit: Vitale Erschöpfung wird bei Risikofaktor-Pat. ohne klinische Herzinsuffizienz außer durch Persönlichkeit und soziale Unterstützung auch durch Geschlecht, kardiale Funktionsparameter und inflammatorische Aktivität erklärt. Demgegenüber geht proBNP trotz seiner positiven Korrelation mit der kardialen Funktionsstörung als mögliches Antistress-Hormon mit eher geringer Erschöpfung einher.