Pneumologie 2005; 59 - 8
DOI: 10.1055/s-2005-862717

Die Bedeutung des molekularen Designs von Surfactant für die alveoläre Funktion

W Bernhard 1, C Gille 1, C Acevedo 2, G Rau 2, T Orlikowsky 1, CF Poets 1
  • 1Abtg. Neonatologie, Universitätskinderklinik, Medizinische Fakultät, Tübingen
  • 2Abt. Päd. Pneumologie und Neonatologie, MHH, Hannover

Hintergrund und Fragestellung: Die molekulare Zusammensetzung von Surfactant ist von Lungenanatomie, Atemphysiologie und pulmonaler Entwicklung abhängig. Dabei variieren insbesondere die Konzentrationen von Dipalmitoyl-Phosphatidylcholin (DPPC), Palmitoylmyristoyl-Phosphatidylcolin (PMPC), Palmitoylpalmitoleoyl-Phosphatidylcholin (PPPC) sowie SP-B und SP-C. Diese Komponenten werden selektiv in den Alveolarraum sezerniert. Die funktionelle Bedeutung der unterschiedlichen Zusammensetzung und seiner individuellen Komponenten für die Oberflächenfunktion und Makrophagenfunktion ist unklar. Aufschluss darüber könnte Grundlage für die Entwicklung neuer therapeutischer Surfactants sein.

Methoden: Lipidextraktsurfactants wurden mittels NaBr-Gradientenzentrifugation und organischer Extraktion aus der bronchoalveolären Lavage (BALF) gesunder adulter (AP) und neonataler Schweine (NP) gewonnen, bzw. vom Hersteller zur Verfügung gestellt (Curosurf®). Individuelle Phospholipidkomponenten wurden kommerziell erworben und die hydrophoben Proteine SP-B und SP-C aus Schweine-BALF isoliert. Für die Untersuchung der Oberflächenfunktion am Pulsating Bubble Surfactometer wurden Surfactantkonstrukte mit variabler Zusammensetzung von DPPC, PMPC und PPPC in 154mM NaCl/1,5 mM CaCl2 (3,5 µmol Phospholipid/ml) resuspendiert. Surfactants und Einzelkomponenten für Monozytenkulturen wurden in PBS resuspendiert (Endkonzentration 1 µmol/ml). Monozyten gesunder erwachsener Spender wurden mittels Biocoll®-Gradient aufgereinigt und 48 h mit Surfactants/Einzelkomponenten inkubiert. Die Expression von HLA-DR, CD14, CD80, CD86, CD16 und HLA-ABC auf Monozyten wurde mittels Durchflusszytometrie (FACS) bestimmt.

Ergebnisse: Die Oberflächenfunktion von Surfactants wird durch die Konzentrationen von DPPC, PMPC und PPPC beeinflusst. PMPC und PPPC beschleunigen die Grenzflächenadsorption von Surfactant. In Anwesenheit von SP-B und SP-C können PMPC und PPPC (je 30 %) in den Surfactant-Konstrukten das Erreichen minimaler Oberflächenspannungen auf ca. 0 mN/m auch bei geringen Konzentrationen von DPPC (< 20 %) beschleunigen. PMPC vermindert die Flächenreduktion, die zum Erreichen von ca. 0 mN/m notwendig ist. Surfactant stimuliert bei primär surfactant-naiven Monozyten die Expression von HLA-DR und CD80 und supprimiert die Expression von CD14. CD86, CD16 und HLA-ABC werden durch Gesamtsurfactant nicht beeinflusst. Unter den Einzelkomponenten rufen nur PMPC und PPPC die Effekte auf HLA-DR, CD80 und CD14 hervor. DPPC, SP-B/C und andere Phosphatidylcholine haben keinen isolierten Effekt.

Schlussfolgerung: Das molekulare Design von Surfactant ist im Hinblick auf seine Phospholipid- und Protein-Zusammensetzung für Grenzflächenfunktionen unter dynamischen Bedingungen und für die Differenzierung mononukleärer Phagozyten bestimmend. Dabei verbessern PMPC und PPPC die Grenzflächenfunktionen unter dynamischen Bedingungen. PMPC und PPPC triggern die Differenzierung primär surfactant-naiver Monozyten in Richtung des kostimulatorischen Phänotyps.