Zentralbl Gynakol 2005; 127 - 7
DOI: 10.1055/s-2005-862463

Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland? – Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage

C Finck 1, U Meister 1, Y Stöbel-Richter 1, A Borkenhagen 2, S Wisch 3, E Brähler 1
  • 1Selbständige Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie Universität Leipzig, Leipzig
  • 2DRK-Kliniken Westend Frauen- und Kinderklinik, Berlin
  • 3Institut für Medizinische Psychologie Universität Jena, Jena

Einleitung: Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) handelt es sich um eine Technik, über deren Zulassung in Deutschland debattiert wird. Bis zum heutigen Tage wird sie aufgrund des Embryonenschutzgesetzes von 1991 nicht angewandt. In dem Streit über eine eventuelle Zulassung dieser Technik stehen sich vor allem die Interessen betroffener Paare und die Bewertung gesellschaftlicher, sozialer und ethischer Folgen gegenüber. Studien zu den Einstellungen der deutschen Allgemeinbevölkerung bezüglich dieser Thematik sind selten. Die Untersuchung verfolgte folgende Fragestellung: Welche Einstellungen gegenüber der PID lassen sich in der deutschen Allgemeinbevölkerung finden? Durch welche Faktoren werden diese Einstellungen beeinflusst?

Methode: Bei der vorgestellten Studie handelt es sich um eine Repräsentativbefragung, die im November 2003 durchgeführt wurde. Es wurden 2110 Personen im Alter von 18–50 Jahren in Deutschland befragt.

Ergebnisse: Die Befragten verfügen über wenig Wissen bezüglich PID und überschätzen die Einsatzmöglichkeiten des Verfahrens. Die Mehrheit der Befragten befürwortet eine restriktive Zulassung der PID in Deutschland, das heißt nicht-medizinische Indikationen werden nicht gebilligt. Bei der Unterscheidung der Probanden nach jenen, die eine Zulassung der PID befürworten und jenen, die eine solche ablehnen würden, zeigten sich deutliche Unterschiede hinsichtlich individueller Werte, der religiösen Selbsteinschätzung, der Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderung sowie in der Bewertung von Chancen und Risiken des Verfahrens.

Diskussion: Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit, die Allgemeinbevölkerung adäquat bezüglich moderner Verfahren im Bereich der Fortpflanzungsmedizin und deren Nutzen und Kosten zu informieren. Ethische Bedenken und gesellschaftliche Konsequenzen müssen auf breiter gesellschaftlicher Ebene diskutiert werden, insbesondere auch im Hinblick auf die Erfahrungen im Ausland bzw. in benachbarten Gebieten (PND, ES Forschung, Klonen). Es erscheint äußert schwierig, eine einheitliche (EU-weite) Regelung zu finden, wenn berücksichtigt wird, dass bei der Bewertung der PID individuelle Wertmuster und Menschenbilder eine tragende Rolle spielen und auf europäischer Ebene außerdem kulturelle Hintergründe der einzelnen Länder berücksichtigt werden müssen.