Zentralbl Gynakol 2005; 127 - 3
DOI: 10.1055/s-2005-862459

Psychosoziale Aspekte von Komplikationen in Früh- und Spätschwangerschaft

M Bulgay-Mörschel 1, K Leppert 2, E Schleussner 1, A Wallrodt 1, S John 1, B Strauß 2, HJ Seewald 1
  • 1Frauenklinik, Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 2Institut für Medizinische Psychologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena

Einleitung: Schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen wie Abortus imminens, Hyperemesis gravidarum, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie sowie drohende Frühgeburt (vorzeitige Wehen, vorzeitiger Blasensprung, Cervixinsuffizienz) können neben organischen Ursachen auch zusätzliche psychosoziale Hintergründe haben. Der Einfluss psychosozialer und sozioökonomischer Risikofaktoren, beispielsweise Partnerschaftskonflikte, sexueller Missbrauch, gestörtes Verhältnis zur Herkunftsfamilie und finanzielle Schwierigkeiten, auf die Entstehung von Schwangerschaftskomplikationen ist bis heute nur unzureichend geklärt. Ziel dieser Studie ist es, weitere Daten zu dieser Problematik zu gewinnen und eventuelle Zusammenhänge darzustellen.

Methode: Im Zeitraum von Januar 2004 bis Januar 2005 werden alle Frauen, die mit einer der oben genannten Diagnosen in der Universitätsfrauenklinik Jena stationär aufgenommen werden, in der Studie erfasst. Die Schwangeren erhalten nach Aufnahme 5 standardisierte Fragebogen (HADS-D, FPI, Resillienz, SOC, SWE). Weiterhin dient ein halbstandardisiertes Interwiew zur Erfassung möglicher Risikofaktoren.

Ergebnisse: Von 01/2004 bis 09/2004 wurden insgesamt 112 Patientinnen in die Untersuchung einbezogen. 42 hatten Komplikationen in der Frühschwangerschaft (16 Hyperemesis gravidarum, 26 Abortus imminens) und 70 in der Spätschwangerschaft (17 Hypertonie und 53 drohende Frühgeburt). Patientinnen mit Komplikationen in der Frühschwangerschaft wiesen signifikant häufiger Komplikationen in vorausgegangenen Schwangerschaften auf (62% vs. 34%). Ebenso wurden in dieser Gruppe signifikant häufiger Mutterkonflikte angegeben (38% vs. 17%). Die vorläufige Darstellung der Ergebnisse ergibt sowohl zwischen Patientinnen mit Hyperemesis und Abortus imminens als auch zwischen Schwangeren mit Hypertonie und drohender Frühgeburt zum Teil deutliche Unterschiede, die tendenziell signifikant sind.

Schlussfolgerung: Über einen Zusammenhang zwischen "Stress" während bzw. vor der Schwangerschaft und dem Vorkommen von Schwangerschaftskomplikationen wird in der Literatur berichtet. Untersuchungen bezüglich Häufigkeit und Art psychosozialer Faktoren für die Entstehung von Komplikationen in der Frühschwangerschaft im Vergleich zur Spätschwangerschaft sind seltener. Die o.g. vorläufigen Daten weisen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Bindungsverhalten der Schwangeren zur eigenen Mutter und der Entstehung von frühen Schwangerschaftskomplikationen hin.