Zusammenfassung
Ziel: Der Bestand an frühinvaliden Personen beläuft sich in Deutschland auf fast 2 Millionen
Menschen. Frühinvalidität impliziert ein vorzeitiges, in der Regel unumkehrbares Ausscheiden
aus dem Erwerbsleben. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Quantifizierung der
direkten Kosten der Frühinvalidität als Argumentationshilfe für präventionspolitische
Entscheidungen. Material und Methoden: Anhand der Leistungsausgaben der beteiligten Träger der sozialen Sicherungssysteme
werden die Krankheitsbehandlungskosten frühinvalider Personen ermittelt. Die direkten
Kosten der Frühinvalidität werden dabei als diejenigen Krankheitsbehandlungskosten
verstanden, die allein der frühinvaliditätsrelevanten Erkrankung anzulasten sind.
Ergebnisse: Die Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung
für die 1,9 Mio. frühinvaliden Personen des Jahres 1999 belaufen sich auf ca. 12,5
Mrd. €. Hieraus werden nach Korrektur für eine „Grundstockmorbidität” die direkten
Kosten der Frühinvalidität mit ca. 9,7 Mrd. € veranschlagt. Schlussfolgerung: Die direkten Kosten der Frühinvalidität konnten zuverlässig ermittelt werden. Allein
bei Betrachtung der Krankheitsbehandlungskosten offenbart sich ein beträchtliches
Präventionspotenzial. Zur Durchführung zielgerichteter Maßnahmen der Prävention müssen
im nächsten Schritt den Determinanten der Frühinvalidität diese Kosten attributiert
werden.
Abstract
Purpose: In Germany app. 2 million persons who retired because of invalidity are counted.
Early retirement due to morbidity usually leads to permanent withdrawal from the labour
market. The aim of this study is the assessment of the direct costs of early retirement
as a line of reason to make decisions in prevention policy. Materials and Methods: By means of the expenditures of the social insurance institutions the costs of medical
care of disability pensioneers in Germany are determined. By this a basis for the
assessment of the direct costs of early retirement is given, since these are understood
as those costs that are originally induced by the diagnosis of early retirement. Results: In Germany, the expenditures of the statutory health insurance and the old age nursing
care insurance amount to app. 12.5 billion € for the 1.9 million disability pensioneers
in 1999. Allowing for a baseline morbidity the direct costs of early retirement are
estimated as high as 9.7 million €. Conclusion: The direct costs of early retirement were reliable assessed. Even though the costs
of medical care of disability pensioneers are considered merely the potenzial of prevention
is important. For carrying out prevention activities accurately these costs have to
be attributed to the determinants of early retirement in the next step.
Schlüsselwörter
Frühinvalidität - direkte Kosten - Erwerbsunfähigkeit - Prävention
Key words
Early retirement - direct costs - invalidity - prevention
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1-8
1 Diese Arbeit entstand im Rahmen des Forschungsprojekts „Kosten der Frühberentung.
Abschätzung des Anteils der Arbeitswelt an der Berufs- und der Erwerbsunfähigkeit
und der Folgekosten” durchgeführt von der Team Gesundheit GmbH im Auftrag der Bundesanstalt
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
2 Für die Eingrenzung und den anschließenden Ausschluss dieser Teilmenge sind Individualdaten
mit Angaben zur Frühberentungsdiagnose einschließlich einer Diagnosezuordnung aller
Leistungsausgaben bei den relevanten Trägern der sozialen Sicherungssysteme notwendig.
Ein derartiger Datenbestand existiert jedoch nicht.
3 Für eine genaue Auflistung der im Rahmen des RSA anrechenbaren Leistungsarten vgl.
http://www.dmp-aok.de/bund/rd/pdf/RSAV-040323.pdf (16.11.04).
4 eigene Berechnungen auf der Grundlage der Daten nach [4].
5 persönliche Mitteilungen des VDR.
7 Im oben genannten Projekt „Kosten der Frühberentung” (vgl. Fußnote1) wurde u. a. der Verursachungsanteil der Arbeitswelt an den direkten Kosten der Frühinvalidität
quantifiziert. Die Ergebnisse sind Gegenstand einer späteren Publikation.
Dr. rer. pol. Heiko Friedel
Institut für Gesundheitsförderung und Prävention, Universität Duisburg-Essen
Max-Fiedler-Straße 6
45128 Essen
eMail: friedel@ipg-uni-essen.de