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DOI: 10.1055/s-2004-861666
Qualifizierte Akutbehandlung Drogenabhängiger
Die qualifizierte Akutbehandlung Drogenabhängiger umfasst entzugs- und motivationsfördernde Behandlung, ist integriert in ein differenziertes regionales Hilfsnetz und steht allen Drogenabhängigen offen mit dem Ziel, individuell angemessene nahtlose Anschlusslösungen zu entwickeln [1, 2]. Nach erfolgreichen Modellprojekten Ende der 80er-/Anfang der 90er-Jahre ist in NRW dieses Behandlungsangebot nahezu flächendeckend in allen Krankenhausversorgungsbezirken durchgesetzt worden durch Kooperation von Gesundheitsministerium, KV, RV, Drogenhilfe und dem „Fachverband qualifizierter stationärer Akutbehandlung Drogenabhängiger e.V.“, dem Zusammenschluss der beteiligten Einrichtungen. Aufgrund massiver Kritik seitens der Drogenhilfe und der Reha-Einrichtungen bezüglich ungenügender Möglichkeiten einer qualifizierten Entzugsbehandlung ist in Kooperation mit Gesundheitspolitik und Kostenträgern dieses Behandlungskonzept entwickelt und dessen Integration in das bestehende Drogenhilfenetzwerk modellhaft erprobt worden („Therapie Sofort“ Westfalen und „Behandlung Sofort“ im Rheinland). Die bisherigen Erfahrungen zeigen eindrucksvoll, dass mit diesem Behandlungskonzept auch zu schwer erreichbaren Gruppen Drogenabhängiger stabile Kontakte aufgebaut und diese Patienten zur Annahme weiterführender Hilfsangebote motiviert werden können. Der Behandlungsansatz stellt hohe persönliche und fachliche Anforderungen an die Mitarbeiter, der Behandlungserfolg ist wesentlich geprägt von den personellen und therapeutischen Ressourcen und fachlichen Kompetenzen vor Ort und dem Ausmaß der real praktizierten Kooperation innerhalb des regionalen Hilfesystems [3]. Die aktive Kooperation mit vor- und nachbehandelnden bzw. betreuenden Institutionen, Angehörigen und Kostenträgern ist entscheidend für die Entwicklung realistischer und angemessener Anschlusslösungen, die Entwicklung belastungsstabiler therapeutischer Beziehungen und die Integration von Ausgrenzung bedrohter Untergruppen [4]. Um dieses Behandlungskonzept allen Gruppen Drogenabhängiger zugänglich zu machen, ist eine therapeutische Haltung der Behandlungsteams erforderlich, die vom Harm-Reduction-Ansatz und der Grundhaltung des Motivational Interviewing geprägt ist und einen konstruktiven Austausch mit allen Institutionen des Hilfesystems praktiziert: mit nieder schwelligen und abstinenzorientierten Einrichtungen, Hausärzten und Allgemeinkrankenhäusern, Sozialämtern und der Justiz. Der Behandlungsansatz ist eigenständiger Bestandteil des Landesprogramms NW gegen Sucht von 1999 [5], die positiven Erfahrungen haben wichtige Ansätze für die Diskussionen über den qualifizierten Entzug alkoholabhängiger Menschen gegeben [6].
Literatur:
1Kuhlmann T, Hasse HE, Sawalies. Die qualifizierte stationäre Akutbehandlung Drogenabhängiger in NRW. Psychiatrische Praxis 1994
2Kuhlmann T, Hasse HE, Sawalies. Harm Reduction und niederschwellige Drogenhilfe in NRW – über die Anforderungen an eine qualifizierte stationäre Akutbehandlung Drogenabhängiger. SUCHT 1994
3Qualifizierte Akutbehandlung Drogenabhängiger zwischen Substitution und Abstinenz, Fachverband Qualifizierte stationäre Akutbehandlung Drogenabhängiger, DPWV, LVR, Dokumentation der Fachtagung am 30.10.2002 in Köln
4Kuhlmann T. Harm Reduction – zum Paradigmenwechsel in der Drogenarbeit, Psychiatrische Praxis 1996
5Landesprogramm gegen Sucht, Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW (MFJFG), Düsseldorf, 2/99
6Rahmenkonzept für die stationäre qualifizierte Entzugsbehandlung alkoholkranker Menschen in Nordrhein-Westfalen; Landschaftsverband Westfalen-Lippe, AG Workshop zur Maßnahme 105 des Landesprogramms gegen die Sucht NRW. Versicherungsmedizin 55, 2003; 1: 27–32