B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2005; 21(1): 13-15
DOI: 10.1055/s-2004-836256
PRAXIS

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Online-Datenbank Assessmentinstrumente - ein Instrument zum Wissenstransfer

G. Nellessen1 , A. Röhrig1 , T. Alles1
  • 1Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation (IQPR) an der Deutschen Sporthochschule Köln
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Publication Date:
21 February 2005 (online)

Assessments (Einschätzungen) und Dokumentationen bewegungstherapeutischer und umfassender Sachverhalte (generischer Aspekte) gehören zu den Aufgaben des Bewegungstherapeuten. Das Assessment wird eingesetzt, um Ursachen eines bestimmten Problems der körperlichen, psychischen oder sozialen Gesundheit zu analysieren, Gesundheitszustände zu beschreiben, Gesundheitsrisiken abzuschätzen und auch Ressourcen zur Bewältigung aufzuzeigen [1]. Das Assessment ist weiterhin Voraussetzung für die Planung einer Rehabilitationsmaßnahme, die zielgerichtet und systematisch durchgeführt werden soll. Darum geht der gezielten Umsetzung zunächst eine sorgfältige Planung voraus, die auf einer Ist-Analyse basiert. Eine hinreichende Evaluation schließt sich der Intervention an. Dies wird als Rehabilitations-Zirkel bezeichnet - mit den Elementen: Assessment, Assignment (d. h. das auf den Patienten abgestimmte Prozedere der Diagnostik, Therapie und Rehabilitation), Intervention und Evaluation (s. Abb. [1]).

Abb. 1 Rehabilitations-Zirkel.

Im Anschluss an die Intervention werden im „Nachtest” die Kriterien des Eingangstests erneut erhoben und darüber hinaus im Zusammenhang mit der Evaluation weitere Kriterien des „Outcomes” bestimmt. Der Outcome bezieht sich auf komplexere Phänomene wie z. B. die Alltagsfähigkeit, Arbeits-/Erwerbsfähigkeit, den allgemeinen Gesundheitsstatus oder die Lebensqualität.

Gerade in diesem Bereich wachsen die Erwartungen an das Assessment seitens der Leistungsträger. So fordern beispielsweise die Rehabilitations-Richtlinien [2] eine Berichterstattung an Vertragsarzt und Krankenkasse u. a.

über den Grad der Selbständigkeit bei den Verrichtungen des täglichen Lebens und zum diesbezüglichen Hilfebedarf, zur Frage der Vermeidung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit, zur Verhütung ihrer Verschlimmerung oder zur Milderung ihrer Folgen, zur Krankheitsbewältigung, zur Konstellation der negativen Kontextfaktoren und deren Modifizierbarkeit sowie zur Motivation zur Lebensstiländerung, zur Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben unter Bezugnahme auf die individuellen beruflichen Rahmenbedingungen sowie zu Empfehlungen für weiterführende Leistungen zur Sicherung des Rehabilitationserfolges (z. B. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, stufenweise Wiedereingliederung, Rehabilitationssport und Funktionstraining) und zur Wiedereingliederung in das soziale Umfeld bzw. zur psychosozialen Betreuung.

Diese komplexe Einschätzung kann durch die Anwendung verschiedener Assessmentinstrumente unterstützt werden. Das breite Spektrum möglicher Assessmentinstrumente lernen Therapeuten jedoch bisher in der Ausbildung und im Praxisalltag nur unzureichend kennen.

Zum Wissenstransfer über vorhandene Assessmentverfahren, die in der Prävention und Rehabilitation eingesetzt werden können, wurde vom Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation (IQPR) eine Online-Datenbank Assessmentinstrumente entwickelt. Dies erfolgte im Rahmen eines vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung geförderten Projektes und mit Unterstützung der Autoren der jeweiligen Assessmentverfahren. Die Datenbank umfasst derzeit bereits über 130 Verfahren. Ein kostenloser Zugang ist auf der Internetseite www.assessment-info.de möglich. Über verschiedene Suchfunktionen gelangt der Anwender zu der Beschreibung der einzelnen Assessmentinstrumente, die nach verschiedenen Kriterien beschrieben werden (s. Tab. [1]).

Tab. 1 Kriterien zur Beschreibung der Assessmentverfahren Grunddaten zur deutschsprachigen Version, ggf. auch der Originalversion (Verfahrensname und Abkürzung, Autor[en], Herausgeber, Verlag, Erscheinungsjahr, Auflage, Kontaktadressen, Angaben zur Demoversion) Zusammenfassung Test-/Analysedesign (Ziel[e]/Zielgröße[n]), Dimensionen/Analyseeinheiten, Gesamtzahl der Items, theoretische Grundlagen, Erhebungs-/Analysemethode, Frage- und Antwortformate/Beurteilungsskalen, Aufbau, Entwicklungsbezug zur ICF, ICIDH (I oder II) oder zu DIN/ISO-Normen Gütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Validität) Zielgruppe/Einsatzbereiche (Altersabhängigkeit, Anwendungsfelder, Ausschlusskriterien und Kontraindikationen, Referenzen praktischer Anwendungen) Voraussetzungen für die Anwendung (personelle Qualifikation, materielle und institutionelle Voraussetzungen) Anwendungs- und Auswertungshinweise (Möglichkeit der Gruppenanwendung, Unterstützung durch Computer, Bearbeitungsdauer u. a.) Kosten (Anschaffungskosten, Kosten für einzelne Untersuchung) Publikationen zum Testverfahren

Eine besondere Recherchemöglichkeit bietet der „Zugang über ein Modell” (s. Abb. [2]). Dieses Modell gliedert sich in fünf Hauptstränge: Im Mittelpunkt steht die Person, die hinsichtlich verschiedener Kriterien eingeschätzt werden kann. Analysebereiche sind z. B. kognitive Fähigkeiten, Arbeitsverhalten oder körperliche Fähigkeiten. Um die Person angeordnet sind die drei Interaktionsbereiche: Person <> Arbeitsleben, Person <> Alltagsleben, Person <> Gesundheit/Krankheit. In diesen werden Schlagwörter aufgeführt, die spezielle Aspekte dieser Interaktion, Auseinandersetzung und Teilhabe beschreiben. Beispielsweise finden sich im Analysebereich Person <> Alltagsleben Schlagworte wie: alltägliche Beanspruchung und Bewältigung, Alltagsaktivitäten, Erleben sozialer Beziehungen, Lebenszufriedenheit und Lebensqualität. Die Auseinandersetzung der Person mit der Arbeit wird beschrieben durch Schlagworte wie z. B. Arbeit versus Freizeit, Arbeitsbeanspruchung, Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit, externale bzw. internale Ressourcen bezogen auf das Arbeitsleben, soziale Unterstützung im Arbeitsleben. Um die arbeitsplatzspezifische Leistungsfähigkeit einschätzen zu können und/oder um Leistungen zur Teilhabe empfehlen zu können, ist die Kenntnis der Arbeitsplatzanforderungen notwendig. Der fünfte Strang des Modells ist daher der Komplex „Arbeit”. Er ist unterteilt in Analysebereiche wie z. B. kognitive Anforderungen, unmittelbare Arbeitsumgebung, betriebliche Organisation.

Abb. 2 Analysebereiche der Teilhabe am Arbeitsleben.

Bei dem Modellzugang gelangt der User über den Analysebereich zu den zugehörigen Schlagwörtern (s. Abb. [3]). Hier kann er sich alle Verfahren, die mit Schlagwörtern dieses Analysebereiches verschlagwortet sind, anzeigen lassen. Alternativ kann er ein oder mehrere Schlagworte auswählen. Auf diesem Wege gelangt er zu der Ergebnisliste seiner Recherche (s. Abb. [4]).

Abb. 3 Schlagworte zum Analysebereich Person <> Gesundheit/Krankheit.

Abb. 4 Ergebnisliste der Verfahren zum Schlagwort „Krankheitsbewältigung”.

Der Anwender kann die Ergebnisliste nach verschiedenen Kriterien (s. Abb. [4]) sortieren, z. B. nach Verfahrenstyp (P = personorientiertes Verfahren, A = Arbeitsanalyse-Verfahren), nach Methode (Angaben zu Selbst- oder Fremdeinschätzungsverfahren), nach Zeit- und Kostenaufwand.

Durch Klick auf das jeweilige angezeigte Verfahren gelangt der Anwender zur Detailansicht. Hier erhält er die in Tab. [1] zusammengestellten Informationen zu dem Verfahren.

Welche Verfahren für den eigenen Anwendungskontext geeignet sind, muss der User selbst entscheiden. Die Beschreibung der Verfahren, die sich u. a. auf personelle Qualifikationsvoraussetzungen oder Anwendungsdauer beziehen (s. Tab. [1]), kann lediglich eine strukturierte Entscheidungshilfe sein.

Die Datenbank wird ständig aktualisiert und erweitert. Hinweise auf Verfahren, die aufgenommen werden sollten, können Anwender per E-Mail mitteilen. Auch Autoren können sich direkt an das IQPR wenden, wenn sie ihr Verfahren für die Aufnahme in die Datenbank beschreiben möchten (E-mail an: assessment@iqpr.de).

Literatur

  • 1 Huber G. Sporttherapeutisches Assessment. In: Schüle K, Huber G (Hrsg). Grundlagen der Sporttherapie. Prävention, ambulante und stationäre Rehabilitation. Urban & Fischer, München 2000; 81
  • 2 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur Rehabilitation nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 SGB V vom 16. März 2004. www.vdak.de

Dr. Gisela Nellessen

Bismarckstr. 20

50672 Köln

Annette Röhrig

Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln

Sürther Str. 171

50999 Köln

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