Z Gastroenterol 2004; 42 - 71
DOI: 10.1055/s-2004-835822

Niedrigere präoperative Serum-Spiegel des carcinoembryonalen Antigens (CEA) beim hereditären nicht-polypösen kolorektalen Karzinom (HNPCC) verglichen mit Serum-Spiegeln beim sporadischen Kolonkarzinom

U Schiemann 1, S Günther 1, G Henke 2, M Gross 5, Y Müller-Koch 2, M Muders 3, C Folwaczny 4, T Mussack 4, E Holinski-Feder 2
  • 1Medizinische Klinik
  • 2Institut für Humangenetik
  • 3Institut für Pathologie
  • 4Chirurgische Klinik, Klinikum Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München
  • 5Internistische Klinik Dr. Müller, München

Hintergrund: Das CEA ist der am meisten verwendete und kosteneffektivste Tumormarker für das Kolonkarzinom seit mehr als 30 Jahren. Bisherige Publikationen zu Serumspiegeln des CEA basierten auf Patientkollektiven, die nicht zwischen hereditären und sporadischen Formen dieser Tumorerkrankung unterschieden.

Patienten und Methoden: Wir dokumentierten präoperative CEA-Spiegel von 105 Patienten mit einem hereditären nicht-polypösen Kolonkarzinom (HNPCC, Amsterdam oder Bethesda-Kriterien) und 107 Patienten mit einem sporadischen Kolonkarzinom. Die HNPCC-Tumoren wurden mittels Mikrosatellitenanalyse, Mutationsanalyse der beiden Mismatch-Reparaturgene MLH1 und MSH2 sowie deren jeweiliger Proteinexpression immunohistochemisch untersucht.

Ergebnisse: 33 HNPCC-Patienten (31%) und 37 Patienten mit sporadischen Kolonkarzinomen (34%) wiesen erhöhte präoperative CEA-Spiegel mit Werten größer als 5 ng/ml auf. Der mittlere CEA-Spiegel war bei HNPCC-Patienten mit 31.7±180 ng/ml deutlich niedriger als bei Patienten mit sporadischem Kolonkarzinom mit 68.3±424 ng/ml. Dieser tendentielle Unterschied konnte für alle getrennt betrachteten Dukes-Stadien, insbesondere im Stadium D nachgewiesen werden. HNPCC-Tumoren mit histologischen Zeichen der Entdifferenzierung (G3/G4) waren mit signifikant höheren CEA-Spiegeln (62.2±262 ng/ml) assoziiert als gut differenzierte Tumoren (G1/G2) (5.0±9.6 ng/ml, p<0.03). HNPCC-Patienten mit „klassischen genetischen Charakteristika“ (Mikrosatelliteninstabilität, MLH1 oder MSH2-Mutation, Verlust der MLH1-oder MSH2-Proteinexpression) hatten niedrigere präoperative CEA-Spiegel als HNPCC-Patienten ohne Nachweis entsprechender genetischer Alterationen. CEA-Spiegel von HNPCC-Patienten stiegen mit einem mittleren Wert von 170.3±343 signifikant beim Auftreten von Metastasen an (p<0.02).

Schlussfolgerungen: Normale Serum-CEA-Spiegel haben aufgrund der Heterogenität von Patienten mit einem Kolonkarzinom nicht die gleiche Bedeutung in der Annahme für ein rezidiv-oder metastasenfreies Stadium. Weitere Studien zum Vergleich der postoperativen CEA-Entwicklung in den Kollektiven der hereditären und sporadischen Kolonkarzinome sind erforderlich, um die Bedeutung dieser Beobachtung zu evaluieren.