Z Gastroenterol 2004; 42 - 53
DOI: 10.1055/s-2004-835804

Erworbener von-Willebrand-Faktor-Defekt – Eine unterschätzte Ursache für Blutungen aus Angiodysplasien?

M Bajbouj 1, G Moessmer 2, A Meining 1, P Born 1, B Neu 1
  • 1II. Medizinische Klinik
  • 2Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie, Technische Universität München

Hintergrund: Bei Patienten mit Angiodysplasien soll ein von-Willebrand-Jürgens-Syndrom eine häufige Ursache für Blutungskomplikationen sein. Ein erworbener Defekt des von-Willebrand-Faktors (vWF) wird pathogenetisch u.a. mit einer höhergradigen Aortenstenose in Zusammenhang gebracht. In dieser Pilotstudie untersuchten wir systematisch hämostaseologische und klinische Parameter bei Patienten mit Blutungen aus Angiodysplasien.

Patienten und Methoden: 10 Patienten (6 Frauen; mittl. Alter 66,3 a) mit gastrointestinaler Blutung und nachgewiesenen Angiodysplasien wurden in die Studie eingeschlossen. Bei allen Patienten wurde der gesamte Gastrointestinaltrakt mithilfe von ÖGD, Ileokoloskopie und Kapsel-Endoskopie untersucht. Außer den nachgewiesenen Angiodysplasien wurden dabei andere Blutungsursachen ausgeschlossen. Keiner der Patienten erhielt Antikoagulantien oder anti-thrombozytär wirksame Medikamente. Die Thrombozytenfunktion wurde in vitro mithilfe der Verschlusszeit in einem Vollblut-Test, aktiviert durch Kollagen/Epinephrin bzw. Kollagen/ADP gemessen (Platelet Function Analyser, PFA). Ferner wurde Quick, aPTT, Thrombinzeit, Faktor XIII, Faktor VIII: C und von-Willebrand-Faktor (Ristocetin-Cofaktor-Aktivität und vWF-Ag) bestimmt. Alle Patienten wurden echokardiographisch untersucht.

Ergebnis: Thrombozytenzahl, Quick, aPTT, Thrombinzeit, Faktor XIII und Faktor VIII-Koagulationsaktivität waren bei allen Patienten normal. Bei 3 Patienten waren vWF-Ag und/oder Ristocetin-Cofaktor-Aktivität im unteren Normbereich. 5 von 10 Patienten wiesen eine deutlich verminderte Thrombozytenfunktion, gemessen in vitro als verlängerte Vollblutverschlusszeit auf (PFA-Koll/Epi. im Mittel: 283s (Norm: <165), PFA-Koll/ADP im Mittel: 210s (Norm:<118). Diese hämostatische Konstellation weist auf einen funktionellen Defekt des vWF hin. Eine Niereninsuffizienz, Tumorerkrankung oder Autoimmunerkrankung konnte bei keinem der Patienten nachgewiesen werden. Bei 6 von 10 Patienten wurde aber eine höhergradige Aortenstenose diagnostiziert. Bei 3/10 Patienten lagen sowohl eine Aortenstenose als auch verlängerte PFA-Verschlusszeiten vor.

Zusammenfassung: Die Hälfte aller Patienten mit blutenden Angiodysplasien wiesen eine Störung der Thrombozytenfunktion, am ehesten durch einen funktionellen Defekt des vWF auf. Ein erworbener Defekt des vWF könnte zumindest bei einem Teil dieser Patienten durch eine Aortenstenose bedingt sein.