ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2004; 113(10): 471-472
DOI: 10.1055/s-2004-835699
Praxisjournal
Recht
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Veränderte Immobilienbewertung gefährdet Praxisexistenz

K. Linke
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Publication Date:
27 October 2004 (online)

Nicht wenige Praxisinhaber haben von ihrer Hausbank die Nase gestrichen voll. Vor Jahren hat ihnen diese vielleicht nur widerwillig einen völlig überteuerten Kredit eingeräumt, und nun droht sie sogar mit Kündigung des Darlehens. Grund: Die damals gestellte Sicherheit reicht angeblich nicht mehr aus.

Bei dieser Bankenpraxis handelt es sich keineswegs nur um Einzelfälle. Finanzexperten beobachten schon seit längerem „derlei Spielchen” der Kreditinstitute. Sie bestätigen, dass das Vorgehen der Hausbank inzwischen üblich ist. Geldhäuser bewerten Immobilien bei grundsätzlich jeder Kreditverlängerung neu. Stellen sie dabei fest, dass der dort ermittelte Verkaufswert der Immobilie niedriger ist, als bisher veranschlagt, hat der Zahnarzt bei ihnen einen höheren Blankoanteil (Restschuld ./. Beleihungswert). Das hat zur Folge, dass seine ursprünglich gestellten Sicherheiten bei Vergabe des Kredits nicht mehr ausreichen und die Banken weitere Sicherheiten nachfordern können. Etwa die Bürgschaft der Ehefrau oder eine zusätzliche Grundschuld für eine privat genutzte Immobilie. Im Extremfall kann ein neuer Banken-Beleihungswert die Existenz der Zahnarztpraxis gefährden. Insbesondere zu Lasten von Mittelständlern ist hier eine „schärfere Gangart” der Kreditinstitute festzustellen. Für kleinere Praxen ist dieses Vorgehen besonders riskant, weil sie durch die niedrigere Bewertung ihrer Immobilie im Extremfall in existenzielle Schwierigkeiten geraten. Können sie nämlich nicht die gewünschten Sicherheiten aufbringen, kündigen viele Banken mittlerweile ihre Kredite. Und damit ist der Teufelskreis für die Ärzte programmiert, insbesondere für Inhaber von kleineren Praxen, die aufgrund ihrer niedrigen Eigenkapitalquote ohnehin stärker als große Praxen gefährdet sind. Denn scheidet eine Bank aus, folgen ihr oft andere Financiers und kündigen ebenfalls ihre Kredite. Dann kann es durchaus geschehen, dass eine bisher schuldenfreie Zahnarztpraxis nicht nur in seiner Liquidität gefährdet ist, sondern im Extremfall insolvent werden kann.

Umso wichtiger ist es, im Falle einer Neubewertung nach unten den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern der Hausbank Paroli zu bieten - und zwar am besten auf Basis eines Gutachtens von einem neutralen Sachverständigen. Je nach Wert der Immobilie kostet dies

€ 500-1000 aufwärts. Im nächsten Schritt soll der Darlehensnehmer die schriftliche Bewertung der Bank anfordern und diese dann in einem persönlichen Gespräch mit dem Kreditsachbearbeiter diskutieren. Um dafür richtig vorbereitet zu sein, sollte er genügend Argumente für eine höhere Bewertung sammeln und diese der Bank geschickt präsentieren. Denn gelangt der unabhängige Sachverständige tatsächlich zu einer besseren Bewertung der Immobilie, hat ein Darlehensnehmer gute Chancen, dass seine Hausbank den Verkehrswert entsprechend anpasst und auf weitere Sicherheiten verzichtet. Das hat seinen Grund darin, dass die Immobilienbewertung bei weitem nicht so einheitlich gehandhabt wird, wie viele meinen. Die Verfahren und damit auch die Bewertungsergebnisse unterscheiden sich in der Praxis nicht selten erheblich. In den meisten Fällen jedoch sind der Sachwert (Bodenwert und Gebäudewert pro Kubikmeter umbauter Raum) und der Ertragswert Grundlage für die Bewertung einer Immobilie. Der Ertragswert ergibt sich wiederum aus den Mieteinnahmen abzüglich der anteiligen Kosten zuzüglich der entsprechenden Kapitalisierung des Betrages. Von diesem Wert wiederum ziehen die Banken dann gewisse Risikoabschläge ab, z. B. bei einem ungünstigeren Standort. Ergebnis dieser Berechnung ist endlich der so genannte Beleihungswert der Immobilie, also der Preis, den die Bank bei einem Zwangsverkauf der Immobilie wahrscheinlich erzielen würde.

Sinkt nun dieser Beleihungswert nach Neueinschätzung der Hausbank, gibt es 3 Möglichkeiten: Entweder der Kreditnehmer kann seinem Geldgeber mehr Sicherheiten bieten. Dann ist sein Darlehen auch weiterhin gesichert. Oder das Geldhaus verlangt höhere Zinsen. Im Extremfall kann die Bank aber auch das Darlehen platzen lassen.

So bewerten Banken und Sparkassen Kreditsicherheiten: Ärzte, die ihre Verhandlungsspielräume bei der Bewertung von Kreditsicherheiten kennen, verfügen über erstklassige Möglichkeiten, beispielsweise Kreditzinsen zu verringern oder frei gewordene Sicherheiten für Umschuldungen oder Neukredite zu verwenden. Bei der bank- oder sparkasseninternen Bewertung der unterschiedlichen Kreditsicherheiten muss zwischen dem „Beleihungswert”, der sich am jeweiligen Verkehrs- oder Verkaufswert der Kreditsicherheiten orientiert, und der regelmäßig darunter liegenden „Beleihungsgrenze” unterschieden werden. Diese Beleihungsgrenze berücksichtigt von den Banken vorgesehene Sicherheitsabschläge, sodass sich die maximale Kredithöhe grundsätzlich an der Höhe der jeweiligen Beleihungsgrenze orientiert. Bei Kreditverhandlungen sollte die jeweilige Bank oder Sparkasse um Offenlegung ihrer diesbezüglichen Bewerbungsrichtlinien gebeten werden. Die Tabelle gibt Entscheidungshilfen zur Vorbereitung von Kreditgesprächen.

Dipl.-Volkswirt Klaus Linke

Marketingberater

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