Aktuelle Dermatologie 2004; 30 - 77
DOI: 10.1055/s-2004-835603

Transplantat versus Lappenplastik

G Sebastian 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden, Deutschland

Die Charakteristika des Defekts in seinem Umfeld bestimmen die Wahl seines Verschlusses. Hauttransplantate bedürfen einer zweidimensionalen, Lappenplastiken einer dreidimensionalen Vorstellungskraft. Wie im Leben allgemein müssen auch bei der Wahl der Technik des Wundverschlusses Kompromisse zwischen den Wünschen (optimales funktionelles und ästhetisches Resultat, Zahl und Umfang der Eingriffe) und den Möglichkeiten (verfügbare Haut für den Transfer mit der entsprechenden Anpassung in Farbe und Textur) eingegangen werden.

Lokale Lappenplastiken: Die besten funktionellen und ästhetischen Ergebnisse werden bei Verwendung von Haut aus der direkten Umgebung des Defektes erreicht. Die Eigenschaften gestielter lokaler Lappen entsprechen am ehesten der verlorengegangenen Haut. Zur Wiederherstellung genügt eine Sitzung bei rascher Wundheilung. Die Methode weist trotz der Donornarbe keine Nachteile auf, es sei denn der Lappen misslingt. Lokale Lappen als eine Gruppe gestielter Lappen blicken auf eine mehr als 150-jährige Geschichte zurück. Einfach oder doppelt gestielt, aus Vollhaut oder subkutanem Stiel gebildet, können sie in den Defekt gerade oder bogenförmig, als U-, V-, Y-Plastik verschoben werden. Der subkutane Stiel kann zentral oder lateral angelegt werden. Gleitlappen werden rotiert und transponiert (geschwenkt), als rektangularer, bilobed, trilobed flap oder Z-Plastik. Am häufigsten werden im Gesicht zum Defektverschluss im Rahmen der Tumorchirurgie Rotations- und Transpositionslappen verwendet. Zur Auflösung von Narbenstrukturen bietet sich die Z-Plastik an, die von Limberg 1946 präzise an mathematischen Modellen beschrieben wurde. Ist örtlich keine Haut vorhanden, also eine lokale Lappenplastik nicht möglich, stehen in der operativen Dermatologie zwei Möglichkeiten zur Auswahl: (Freie) Hauttransplantate: Sie sind als Spalthaut- und Vollhauttransplantate möglich, falls keine hohe mechanische Beanspruchung besteht, intaktes Bindegewebe oder Muskulatur als Transplantatbett vorhanden ist und die tiefe Muskulatur bzw. knöcherne Strukturen nicht involviert sind. Spalthauttransplantate (0,25–0,75mm dick): Sie sind gegenüber dem Transplantatbett wenig anspruchsvoll, ihre Größe ist kaum begrenzt, sie heilen schnell ein und das Spendergebiet kann mehrfach verwendet werden. Allerdings neigen sie zur Kontraktion, die Farbanpassung ist unbefriedigend. Vollhauttransplantate (0,8–1,1mm dick): Sie schrumpfen kaum, behalten ihre Farbe und heilen mit gutem ästhetischen Ergebnis ein. Allerdings benötigen sie ein gut durchblutetes Wundbett und ihre Größe ist begrenzt.

Regionale Lappen: Ist der Defekt in einer Region mit hoher mechanischer Beanspruchung lokalisiert, liegen tiefere Strukturen frei und müssen ersetzt werden bzw. ist die Blutversorgung des Wundbettes schlecht, sind gestielte Lappen, in der Dermatologie als regionale Lappen bezeichnet, indiziert. Regionale Lappen erfüllen die Ansprüche für eine gute Wiederherstellung verloren gegangener Strukturen. Der Transfer benötigt eine bis mehrere Sitzungen, der Lappenstiel besteht aus Vollhaut oder Subkutis. Weit verbreitet sind gefäßgestielte oder muskulokutane Lappen. Nachteilig sind die notwendigen mehreren Sitzungen und ein entsprechendes Spendergebiet. Während gerade im Gesicht kleine Vollhautdefekte in konkav geformten Lokalisationen im Einzelfall der sekundären Wundheilung überlassen werden können, ist bei größeren Defekten zur Erzielung einer cicatrix optima die zwei- und dreidimensionale Vorstellungskraft und daraus resultierend die Auswahl des „passenden“ Transplantates oder Lappens durch den Operateur eine conditio sine qua non.