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DOI: 10.1055/s-2004-835230
Pflegespezifisches Wirken beim Schmerzgeschehen
Schmerz ist ein persönliches Empfinden und individuell. Nur der Betroffene weiß, was Schmerz für ihn bedeutet; deshalb kann auch nichts und niemand seine Schmerzen besser beschreiben, als er selbst. Schmerz kann nie losgelöst und isoliert gesehen werden. Ein medikamentöser Zugang allein wird in vielen Fällen nicht ausreichen. So kann es nur zielführend sein, dem Schmerz multifaktoriell und interdisziplinär zu begegnen. Hier bekommt der Wirkungsbereich der Pflege Bedeutung. Ich will Aspekte aufzeigen, wie wir aus pflegerischer Sicht die Dimensionen des Schmerzes verstehen können. Beobachtung, Wahrnehmung, Dokumentation und unsere mitverantwortliche Tätigkeit bei Diagnosestellung und Therapie zählen zu unseren Aufgaben. Wir können auch im Pflegeprozess für den Patienten in seinem „total pain“ als bedeutsamer anderer Mensch ein mitwirkender Linderungsfaktor sein.
Wenn wir von Schmerzen sprechen, handelt es sich immer um ein Schmerzgeschehen. Ein Reiz tritt auf und setzt ein komplexes Informationsgeschehen in Gang, bis der Schmerz vom Bewusstsein wahrgenommen wird. Die Schmerzforscher Wall und Melzack haben die Gate-Control Theorie aufgestellt, welche besagt, dass das Nervensystem sehr sensibel auf verschiedenen Impulse reagiert. Es gibt Einflussfaktoren, welche das Schmerztor schließen helfen oder offen halten. Jemand, der den Schmerz anerkennt und ein Stück des Weges den Schmerzpatienten begleitet, kann neben medikamentöser Therapie das Schmerztor schließen helfen. Ein Auftrag der Pflege ergibt sich hier, mit dem Patienten Bedingungen zu erkennen, wie dieser Patient Linderung und Lebensqualität erreichen kann. Schmerz kann nur über den persönlichen Kontakt erfasst werden. Wenn wir uns eigene Schmerzen in Erinnerung rufen, fällt vielleicht auf, wie schwierig es sein kann, Schmerz in eine darstellende Form zu bringen. Die Pflegenden fungieren häufig als Sprachrohr, um Schmerzäußerungen an Ärzte weiterzuleiten oder zu dokumentieren. Hier möglichst authentisch zu agieren, stellt eine Herausforderung dar. Petzold sieht ein differenziertes Wahrnehmen des Körpers als wichtige Voraussetzung, mit Schmerzen umgehen zu können. Eigene Selbstreflexion zu üben und den Patienten hierin zu unterstützen, fällt auch in den Wirkungsbereich der Pflege. Liliane Juchli meint, dass die Bereitschaft des Patienten notwendig ist, sich selbst helfen zu wollen und sich helfen zu lassen. In diesem Zusammenspiel gelingt es vielleicht, die Schmerzspirale, in welche ein Schmerzpatient leicht geraten kann, in eine Sinnspirale umzuwandeln.