Viszeralchirurgie 2004; 39 - 21
DOI: 10.1055/s-2004-835097

Experimentell-endoskopische Untersuchungen zur Nahttiefe eines endoskopischen Nahtapparates an der Kardia

M Kleemann 1, M Kraus 1, C Langner 2, A Müldner 3, HP Bruch 1, BC Manegold 3
  • 1Klinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein-Campus Lübeck
  • 2Institut für Pathologie, Karl-Franzens-Universität Graz
  • 3Sektion Endoskopie der Chirurgischen Klinik, Universitätsklinikum Mannheim

Einleitung:

Seit März 2001 ist in Deutschland ein intraluminaler endoskopischer Nahtapparat (EndoCinch, Fa. BARD, Karlsruhe) zur Behandlung der gastroösophagealen Refluxerkrankung zugelassen. Nachdem die technische Machbarkeit in mehreren Studien gezeigt werden konnte, wird derzeit in einer prospektiv-randomisierten Studie (ENDOLAP) die Wertigkeit dieses Verfahrens im Vergleich zur laparoskopischen Fundoplicatio untersucht. Einzelne Fallberichte, als auch eigene Erfahrungen berichten über Nahtausrisse und persistierenden PPI-Bedarf der Patienten. Grundlegende Daten zur Nahttiefe am Menschen wurden in der Literatur nicht gefunden. Ziel eigener Untersuchungen war nun die Bestimmung der anatomischen Schicht des Nahtlagers am humanen Leichenpräparat.

Material und Methoden:

Nach einen positiven Votum der Ethikkommission untersuchten wir an 10 humanen Leichenexenteraten nach Rokitansky (mittleres Alter 77,5 Jahre) die Nahttiefe an der Kardia in Abhängigkeit der Sogstärke (0,4–0,6–0,8 bar). Wir applizierten intraluminal-endoskopisch 58 Nähte retrograd an die Kardia. Nach Präparation der Kardia aus ihrem anatomischen Bett heraus, erfolgte die Exzision der Nähte, eine 48-stündige Formalinfixierung und anschließende HE-Färbung. Insgesamt wurden die Paraffinblöcke in bis zu 4µm-Schnitten lichtmikroskopisch auf das anatomische Nahtlager hin untersucht.

Ergebnisse:

Eine Naht (1,7%) kam in der Mukosa zu liegen, 11 Nähte (18,9%) in der Submukosa, 10 Nähte (17,2%) in der inneren Muscularis propria, 15 Nähte (25,9%) in der äußeren M. propria und 21 Nähte (36,2%) lagen transmural. In einem Fall wurde das Zwerchfell mit in die Naht einbezogen. Bei einem Sog von 0,4 bar waren 25% der Nähte transmural, bei 0,8 bar 53%. Bei allen Sogstärken lagen mehr als 40% der Nähte in der Muscularis propria. Die Varianzanalyse ergab keinen statistischen Unterschied (p=0,4) bezüglich Geschlecht, Alter des Leichnams und Alter des Präparates.

Schussfolgerung:

Wir präsentieren weltweit erstmals eine systematische Untersuchung zur Nahttiefe eines endoskopischen Nahtapparates am humanen Leichenpräparat. Auffällig ist eine hohe Streuung der Nahttiefe unabhängig der Sogstärke. Bei höheren Sogstärken kann eine unerwünschte transmurale Naht auch umliegende anatomische Strukturen miteinbeziehen. Ursache eines Nahtausrisses kann eine mukosale oder submukosale Naht sein. Weitere Untersuchungen ggf. am perfundierten Organmodell müssen folgen.