Viszeralchirurgie 2004; 39 - 1
DOI: 10.1055/s-2004-835077

Definition von Indikation und Verfahren der operativen Therapie von intra-abdominalen Verwachsungen

HO Steitz 1
  • 1Chirurgische Klinik und Poliklinik – Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München

Einleitung:

Da jede Adhäsiolyse intraabdominaler Verwachsungen Rezidivadhäsionen induzieren kann, muss die Indikation streng selektioniert gestellt werden. Ziel ist die Visualisierung symptomatischer höhergradiger Verwachsungen und deren gezielte Adhäsiolyse, um den Eingriff auf das notwendige Ausmaß zu reduzieren und das Risiko symptomatischer Rezidivadhäsionen zu limitieren.

Methodik:

Seit 14 Jahren propagieren wir den sonographischen Nachweis von Adhäsionen zwischen Abdominalorganen und Bauchdecke auf der Basis der eingeschränkten kraniokaudalen Verschieblichkeit (im anglo-amerikanischen Schrifttum zeitgleich als „viscera slide“ beschrieben). Mit 10 longitudinalen Scans wird in der „9-Felder-Technik“ mit einem Schallkopf der Sendefrequenz 5–7,5MHz bei normaler und forcierter Inspiration diese Verschiebung quantitativ analysiert und Einschränkungen der Verschiebung in einer von uns erarbeiteten Klassifikation in 3 Schweregrade eingeteilt. Mit dem CT-Enteroklysma und der cine-MRT wurden auf dem Boden dieser sonographischen Technik spezielle Modifikationen dieser Schnittbildverfahren in unserer interdisziplinären Arbeitsgruppe entwickelt, mit denen auch bauchwandferne und pelvine Verwachsungen, die sonographisch „blind“ bleiben, nachzuweisen sind.

Ergebnisse:

Von 537 sonographisch im Hinblick auf Verwachsungen untersuchten Patienten waren etwa 43% wegen des klinischen Verdachtes auf symptomatische Adhäsionen, 57% vor elektiv geplanten laparoskopischen Eingriffen bei Z.n. mindestens einer Laparotomie in der Vorgeschichte untersucht worden. Bei n=330 Patienten konnte der sonographische Befund mit dem intraoperativen Situs korreliert werden. Bei einer Prävalenz von 78,2% wurden Adhäsionen mit einer Sensitivität von 93,0% und einer Spezifität von 95,8% bei einer Gesamtgenauigkeit von 93,6% prognostiziert. Während der positive Vorhersagewert mit 98,8% sehr scharf ist, können Adhäsionen nur mit einem negativen Vorhersagewert von 79,3% ausgeschlossen werden. Dies ist begründet in einer diagnostischen Unschärfe bei geringgradigen Verwachsungen, die nur mit einer Sensitivität von 89,1% prognostiziert werden, während mittel- und hochgradige Adhäsionen mit einer Sensitivität von 94,0% bzw. 98,0% diagnostiziert werden.

Diskussion:

Grundsätzlich dürfen nur hoch- und höchstgradige Adhäsionen bei hohem Leidensdruck nach dem Stadium der postoperativen Obliteration einer Adhäsiolyse zugeführt werden. Die sonographische Klassifikation korreliert sehr gut mit der von Zühlke et al. (1991) publizierten klinischen und histologischen Klassifikation, wobei die klinisch irrelevanten geringgradigen Verwachsungen sonographisch nicht erkannt werden. Mittelgradige Adhäsionen erscheinen im Ultraschallbild als geringgradig und stellen ebenfalls keine Indikation zur Adhäsiolyse dar. Klinisch hochgradige Verwachsungen erscheinen sonographisch je nach Ausdehnung als mittel- oder hochgradig und können bei entsprechender Symptomatik adhäsiolysiert werden. Klinisch höchstgradige Adhäsionen stellen sich sonographisch immer als hochgradig dar und bedürfen einer transintestinalen Präparation im Rahmen der Adhäsiolyse. Verwachsungen der Abdominalorgane mit der Bauchwand werden mit der sonograpischen Methode optimal diagnostiziert. Sellink-CT und cine-MRT sind weitgehend gleichwertig. Bei fehlender Strahlenbelastung favorisieren wir die cine-MRT. Die radiologischen Verfahren sind nahe der Bauchwand in bis zu 30% falsch positiv, bauchwandfern und pelvin aber klinisch valide und wertvoll für die Indikationsstellung zur Adhäsiolyse.