Hintergrund: Nach verschiedenen Berechnungen haben trotz des Grundsatzes „Reha vor Rente“ in den
Jahren, die der Frühberentung unmittelbar vorausgehen, zwischen einem Drittel und
der Hälfte der Sozialversicherten keine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation
in Anspruch genommen. Ziel: Ziel des Projektes „Frühberentete ohne Rehabilitation“ des Forschungsverbunds Rehabilitationswissenschaften
Sachsen-Anhalt/Mecklenburg-Vorpommern ist es, Faktoren und Faktorenbündel zu identifizieren,
die sich negativ oder positiv auf das Inanspruchnahmeverhalten rehabilitationsbedürftiger
Männer und Frauen auswirken können. Methoden: Neben einer Analyse des Berentungsjahrgangs 2000 aufgrundlage von Routinedaten der
LVA Sachsen-Anhalt wurde eine Stichprobe von Frühberenteten ohne medizinische Rehabilitation (n=1000) und von Früh- und Altersberenteten mit Rehabilitation (je n=500) schriftlich nach ihrer Krankheitsgeschichte, ihren Erwerbsverläufen
und ihren Gründen und Motiven zur (Nicht-) Inanspruchnahme von rehabilitativen Angeboten
befragt. Der Rücklauf betrug bei zwei Erinnerungen etwas über 50%. Ergebnisse: Mittels logistischer Regression konnte als wichtigster Faktor für einen Antrag auf
medizinische Rehabilitation in den letzten fünf Jahren vor einer Frühberentung die
Aufforderung zum Rehaantrag durch die Rentenversicherung mit einem 7,5fach erhöhten
Risiko ermittelt werden. Die Gruppe von Versicherten, die durch die LVA zum Rehaantrag
aufgefordert worden war, konnte näher beschrieben werden. Sie unterschied sich signifikant
von denjenigen, die nicht aufgefordert wurden, durch höhere AU-Zeiten im Jahr vor
der Frühberentung (>6 Monate) und durch die Zahl der chronischen Erkrankungen, ohne
dass diese Faktoren (mit relativen Risiken kleiner 1,0) als Prädiktorvariablen aufzufassen
wären. Diskussion: Nach den Selbstauskünften der Versicherten werden Versicherte mit höheren AU-Zeiten
im Jahr vor der Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeit häufiger von der Rentenversicherung
zur vorlaufenden „Reha vor Rente“ aufgefordert. Schlussfolgerungen: Aufgrund der feststellbaren, aber nicht erklärenden Unterschiede zwischen Versicherten,
die von der LVA angesichts drohender Erwerbsunfähigkeit aufgefordert werden, einen
Antrag auf medizinische Rehabilitationsleistungen zu stellen, und denen, die diese
Aufforderung nicht erhalten, ist zu fragen, ob diese Steuerung vor der Frühberentung
einerseits erfolgreich ist, andererseits diejenigen Versicherten erreicht, die am
meisten von einer Rehabilitation profitieren können.