Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P450
DOI: 10.1055/s-2004-833311

Charakterisierung einer deutschen Familie mit Hereditärer Amyloid-Neuropathie vom Finnischen Typ (IV)

RJ Lüttmann 1, R Kiefer 1, IW Husstedt 1, A Schirrmacher 1, F Stögbauer 1, EB Ringelstein 1, G Kuhlenbäumer 1
  • 1(Münster)

Fragestellung und Methoden: Die hereditäre Amyloidose Typ IV (HA IV; Syn.: Finnischer Typ) führt regelmäßig zu Polyneuropathien (PNP) unter Einschluss der Hirnnerven, darüber hinaus typischerweise zur Gitterdystrophie der Cornea und zu Hautveränderungen in Form der cutis laxa. Der Erbgang ist autosomal dominant. Ursache ist eine Mutation im Gelsolin-Gen. Dieser Fallbericht stellt klinische, histologische und genetische Daten, der unseres Wissens ersten Familie mit HA IV in Deutschland vor.

Ergebnisse: Der Indexpatient der Familie (männlich, 60 Jahre alt) stellte sich wegen einer ausgeprägten, seit über 10 Jahren chronisch progredienten, symmetrischen Facialisparese in unserer Klinik vor. Darüber hinaus zeigten sich klinische Zeichen einer leichten Zungenparese und einer distal symmetrischen vorwiegend sensiblen PNP. Die elektrophysiologische Diagnostik ergab eine überwiegend axonale, sensomotorische PNP mit chronisch-neurogener Schädigung der distalen Muskulatur. Die Bildgebung von Gehirn, N. facialis und knöcherner Schädelbasis, die evozierten Potentiale und die Liquordiagnostik waren unauffällig. Die klinische und elektrophysiologische Untersuchung von 21 Angehörigen des Indexpatienten ergab neun weitere Betroffene. Die jüngste Patientin war 31 Jahre alt. Eine Patientin weist eine ausgeprägte Hornhautdystrophie auf, eine weitere Augenmuskelparesen. Der Stammbaum zeigt einen autosomal dominanten Erbgang. Die molekulargenetische Diagnostik bestätigte die Diagnose einer HA IV. Finnische Vorfahren sind nicht bekannt.

Schlussfolgerungen: Die sehr seltene, bisher vorwiegend bei finnischen Familien, vereinzelt aber auch in anderen Ländern beschriebene HA IV wird hier bei einer Deutschen Familie beschrieben. Die Beeinträchtigung im Alltag ist überwiegend mild, die Lebenserwartung scheint nicht vermindert zu sein. Die Familiengröße erlaubt eine detaillierte Beschreibung der Symptome und des Krankheitsverlaufs.