Methode: Wir untersuchten prospektiv 12 Patienten (4 Frauen, 8 Männer, mittleres Alter 66±15a)
mit akutem Mediaterritorialinfarkt (7 links, 5 rechts). An den Tagen 1, 3 und 5 führten
wir eine indir. Kalorimetrie durch und bestimmten die Serumkonzentration von ACTH,
Cortisol im Tagesprofil, von fT4, TSH, Prolaktin, Neuronenspezifischen Enolase (NSE)
sowie die Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Vanillinmandelsäure
im 24-Stunden-Urin. Wir leiteten ein Langzeit-EKG und eine 24-h-Blutdruckmessung ab.
An Tag 2 führten wir einen TRH- und einen CRH-Test durch.
Ergebnisse: Der mediane NIHSS Score an Tag 1 betrug 14 (6–23). Der Energiebedarf war an Tag 1
massiv erhöht (24±7% über der Norm). Bei Patienten ohne Komplikationen fiel der Energiebedarf
ab, blieb aber deutlich erhöht. Patienten mit Komplikationen wie Pneumonie oder Harnwegsinfekt
behielten einen unverändert hohen Energiebedarf. Die ACTH-Spiegel im Blut waren an
Tag 1 unauffällig (22±6pg/ml), sanken an den Tagen 3 und 5 auf niedrige Werte (p<0,05).
Cortisol war initial leicht erhöht (617±62nmol/l an Tag 1) und fiel parallel zum ACTH
ab (p<0,05). Bei den meisten Patienten war die zirkadiane Rhythmik aufgehoben. Die
Katecholaminproduktion im 24-h-Urin befand sich an Tag 1 im Referenzbereich und sank
dann deutlich ab (p<0.05). Bei 3 Patienten stieg die Katecholaminproduktion noch vor
der kardialen Komplikation (Herzinfarkt, de novo Vorhofflimmern). Die Schilddrüsenwerte,
Prolaktin und NSE waren ebenso wie der TRH- und CRH-Test unauffällig.
Schlussfolgerungen: Patienten mit akutem Mediaterritorialinfarkt haben einen stark erhöhten Kalorienbedarf,
der ähnlich hoch ist wie bei Patienten mit Polytrauma. Sie benötigen eine erhöhte
Kalorienzufuhr. Der Energiebedarf nimmt im Verlauf der ersten 5 Tage ab, falls keine
Stressreize wie systemische Infekte hinzukommen. Eine adäquate Stressreaktion tritt
nicht auf. Vor allem die ACTH-Ausschüttung, aber auch die Cortisol- und Katecholaminproduktion
sinken als möglicher Ausdruck einer zentralen Regulationsstörung auf niedrige Werte
ab. Eine erhöhte Katecholaminproduktion bei einzelnen Patienten ist mit kardialen
Komplikationen assoziiert. Die zirkadiane Rhythmik von ACTH und Cortisol ist aufgehoben.
Hinweise für eine Insuffizienz der Schilddrüse und Nebenniere ergeben sich nicht.