Z Gastroenterol 2004; 42 - P223
DOI: 10.1055/s-2004-831677

Prognostische Faktoren für den Langzeitverlauf bei neuroendokrinen Tumoren – eine multivariate Analyse an 392 Patienten

M Böhmig 1, J Müller-Nordhorn 2, UF Pape 1, U Berndt 1, S Roll 2, N Tiling 1, U Plöckinger 1, S Willich 2, B Wiedenmann 1
  • 1Charité, Campus Virchow Klinikum, Universitätsmedizin Berlin, Med. Klinik m.S. Hepatologie und Gastroenterologie
  • 2Charité, Universitätsmedizin Berlin, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie

Einleitung:

Neuroendokrine Tumoren (NET) stellen mit einer geschätzten Inzidenz von ca. 1/100.000 eine seltene Erkrankung dar. Für Deutschland liegen nur wenige Daten über Tumorcharakteristika und Prognose hinsichtlich Überleben vor.

Methoden:

Daten von 392 Patienten mit histologisch gesichertem NET, die im Zeitraum von 1980 bis 2003 an einem Zuweisungszentrum behandelt worden waren, wurden standardisiert erfasst. Nach deskriptiver Datenanalyse erfolgte eine multivariate Analyse von Risikofaktoren für NET-assoziierten Tod mittels Cox-Regression-Modell unter Adjustierung für Alter und Geschlecht (backward selection, Niveau=0,05). Folgende Parameter gingen ein: Lokalisation (Foregut / Midgut-Hindgut / unbekannt), Primärtumorgröße (<2,5 cm / >2,5 cm / unbekannt), Funktionalität, klinische Symptomatik bei Erstdiagnose, Vorhandensein von Metastasen bei Erstdiagnose, Lymphknotenbefall, operative Therapie. Die Analyse erfolgte für das Gesamtkollektiv sowie für die Subgruppe von Patienten mit verfügbarer Information über die Wachstumsfraktion (Ki 67).

Ergebnisse:

Die Tumorlokalisation war folgendermaßen verteilt: Foregut 46,9% (überwiegend Pankreas mit 25,0%), Midgut 37,8% (überwiegend Jejunum und Ileum: zusammen 29,4%) Hindgut 4,6%, unklar 10,7%. Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose fand sich bei 72,5% eine Metastasierung und bei 23,3% ein Hypersekretionssyndrom. Ein Ki 67-Wert war für 255 Patienten verfügbar und zeigte folgende Verteilung: <5%: 51,8%; 5–10%: 25,5%; >10%: 22,7%. Die Nachbeobachtungszeit betrug im Median 25,6 Monate. Es verstarben 96 Patienten, davon 84,8% tumorassoziiert.

Die Ergebnisse der multivariaten Analyse für das Gesamtkollektiv sowie für die Subgruppe mit verfügbarem Ki 67-Wert sind in der Tabelle dargestellt (Hazard ratio HR, 95%-Konfidenzintervall, p-Wert).

Schlussfolgerung:

In der multivariaten Analyse erwiesen sich eine Tumorgröße >2,5 cm sowie eine Wachstumsfraktion >5% als unabhängige ungünstige prognostische Faktoren, während eine operative Therapie mit besserem Überleben assoziiert war. Unsere Daten festigen somit die zentrale Stellung dieser prognostischen Faktoren für die Betreuung und Behandlungsplanung von Patienten mit NET.

Multivariate Analyse: Risiko für NET-assoziierten Tod

HR

95% KI

p

Gesamtkollektiv

Primärtumorgröße > 2,5 cm

4,44

2,1 - 9,3

< 0,001

Primärtumorgröße unbekannt

2,79

1,1 - 6,9

0,027

Klin. Symptomatik vorhanden

8,20

1,1 - 63,5

0,049

stattgehabte Operation

0,21

0,11 - 0,39

< 0,001

Subgruppe (Ki 67 verfügbar)

Primärtumorgröße > 2,5 cm

3,63

1,4 - 9,3

0,007

Primärtumorgröße unbekannt

6,02

1,6 - 23,3

0,009

Ki 67 5 -10%

3,99

1,3 - 12,0

0,010

Ki 67 > 10%

24,80

8,0 - 27,6

< 0,001