Z Gastroenterol 2004; 42 - P190
DOI: 10.1055/s-2004-831644

Variabilität klinischer Verläufe von vier Familien mit MSH6-Genmutation

J Vieland 1, J Willert 2, S Stemmler 1, E Holinski-Feder 3, K Schulmann 2, JT Epplen 1, E Kunstmann 1
  • 1Humangenetik Ruhr-Universität Bochum
  • 2Medizinische Universitätsklinik Knappschaftskrankenhaus
  • 3Medizinisch Genetisches Zentrum

Einleitung:

Die erbliche Darmkrebserkrankung HNPCC (heriditary non-polyposis colorectal cancer) wird überwiegend durch eine Mutation in den Genen MSH2 und MLH1 verursacht. Seltener findet man eine Mutation im MSH6-Gen, für die eine geringere Penetranz und ein um ca. 10 Jahre höheres Erkrankungsalter angegeben wird [1;2]. An 4 MSH6+-Familien zeigen wir die klinische Variabilität der Verläufe.

Methoden:

Die Indexpatienten wurden im interdisziplinären Team (Humangenetiker, Internist) beraten inclusive Erhebung von Anamnese und Stammbaumdaten. Nach erfolgtem Einverständnis wurde die molekulargenetische Diagnostik durchgeführt. Das MSH6-Gen wurde mittels DHPLC-Verfahren (WAVE™) analysiert und komplett sequenziert.

Ergebnisse und Diskussion:

Familie 1: Der Indexpatient erkrankte am Kolon- und Pankreaskarzinom vor dem 45.Lebensjahr. In Fam. 2 fiel der Indexpatient auf, bei dem mit 38 Jahren ein Kolonkarzinom (KRK) diagnostiziert wurde. Fam. 3: Einer der Brüder entwickelte ein KRK mit 50 Jahren, der andere mit 45 und 58 Jahren. Zusätzlich wurde bei einem 28-jährigen Familienangehörigen ein Polyp in der Vorsorge-Koloskopie entdeckt. Somit zeigen Fam. 1–3 das klassische Bild von HNPCC, wie es vor allem bei Mutationen in den Genen MSH2 und MLH1 auftritt. Lediglich Fam. 4 zeigt einen „typischen„ MSH6-Phänotyp: Bei der Indexpatientin sowie deren Schwester wurden seit dem 39. bzw. 41. Lebensjahr regelmäßig Polypen entfernt. In dieser Familie hat bislang kein Elternteil einen Tumor des HNPCC-Spektrums entwickelt.

Schlussfolgerung:

Die von der DGVS veröffentlichten Leitlinien [3], die eine jährlich Koloskopie spätestens ab dem 25. Lebensjahr für HNPCC Risikopersonen implizieren, sollten für MSH6 positive Familien nicht gelockert werden, da neben den Familien mit einer späten Erstmanifestation immer wieder auch sehr junge Personen an HNPCC-assoziierten Tumoren erkranken.

References

1. Wagner A, Hendriks Y, Meijers-Heijboer EJ et al. Atypical HNPCC owing to MSH6 germline mutations: analysis of a large Dutch pedigree. Med Genet 2001;38:318-222. Cederquist K, Emanuelsson M, Goransson I et al. Mutation analysis of the MLH1, MSH2 and MSH6 genes in patients with double primary cancers of the colorectum and the endometrium: a population-based study in northern Sweden. Int J Cancer 2004;109:370-63. Schmiegel W, Adler G, Fruhmorgen P et al. Colorectal carcinoma: prevention and early detection in an asymptomatic population-prevention in patients at risk-endoscopic diagnosis, therapy and after-care of polyps and carcinomas. German Society of Digestive and Metabolic Diseases/Study Group for Gastrointestinal Oncology Z Gastroenterol 2000;38:49-75.