Z Gastroenterol 2004; 42 - P185
DOI: 10.1055/s-2004-831639

Genetische Reklassifikation durch erweiterte Mikrosatellitenanalyse von mikrosatellitenstabilen, MSH2 und MLH1 mutationsnegativen HNPCC-Patienten und Vergleich klinischer Merkmale der phänotypischen Subgruppen

U Schiemann 1, Y Müller-Koch 2, J Glas 1, M Gross 3, J Daum 2, P Lohse 2, M Muders 4, T Mussack 5, R Kopp 6, E Holinski-Feder 2
  • 1Medizinische Klinik, Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • 2Institut für Humangenetik, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • 3Internistische Klinik Dr. Müller
  • 4Institut für Pathologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • 5Chirurgische Klinik, Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • 6Chirurgische Klinik und Poliklinik Klinikum Grosshadern, LMU München

Hintergrund: Ursache für ein hereditäres nicht polypöses kolorektales Karzinom (HNPCC) sind Mutationen in den DNA-Mismatch-Reparaturgenen (meist MLH1 und MSH2). Folge sind Längendifferenzen in einfachen, repetitiven DNA- Sequenzen, den sog. Mikrosatelliten, die man in 90% der Fälle nachweisen kann.

Patienten und Methoden: Untersucht wurden 40 selektionierte HNPCC-Patienten (erfüllte Amsterdam-oder Bethesda-Kriterien), die für das internationale Referenzpanel von fünf Markern mikrosatellitenstabil (MSS-oder MSI-low-Tumoren) waren und keine MLH1-oder MSH2-Mutation aufwiesen. Ein erweitertes Markerpanel (BAT40, D10S197, D13S153, D18S58, MYCL1) wurde mittels PCR und Fragmentanalyse auf weitere Instabilititäten hin untersucht. Zusätzlich erfolgten Mutationsanalysen für das MSH6-Gen. Die klinischen Merkmale der phänotypischen Subgruppen (MSI-high,–low und MSS) wurden miteinander verglichen.

Ergebnisse: Unter Berücksichtigung aller insgesamt zehn untersuchten Marker waren vier Tumoren nun MSI-high (10%), 24 Tumoren MSI-low (60%) und nur noch 12 Tumoren als MSS (30%) anzusehen. Bei drei Patienten konnte eine krankheitsverursachende MSH6-Mutation gefunden werden. Das Manifestationsalter war mit 45,7 Jahren in der Subgruppe der MSI-high-Patienten niedriger als in der MSI-low-und MSS-Subgruppe sowie signifikant niedriger als in der Gruppe der sporadischen Kolonkarzinome (48,7 und 49,0 sowie 64,9 Jahre, p<0,01). Die Subgruppen der MSI-high-und MSI-low-Tumoren beinhalteten 50 bzw. 52% Fälle mit proximaler Tumorlokalisation. Dagegen waren MSS-Tumoren präferentiell im distalen Kolon lokalisiert (77%) und ähnelten dem Verteilungsmuster der sporadischen Kolonkarzinome (71% distale Tumoren). Die Häufigkeit von extrakolonischen Tumormanifestationen in den HNPCC-Familien war in allen drei Subgruppen mit Anteilen zwischen 17–21% weitgehend gleich.

Schlussfolgerungen: Eine erweiterte Mikrosatellitenanalyse erlaubt die Detektion zusätzlicher Instabilitäten, so dass bis zu 10% der ursprünglich als mikrosatellitenstabil diagnostizierten Tumoren als MSI-high reklassifizierbar sind. Die bestätigten MSS-Tumoren ähneln im Lokalisationsmuster sporadischen Kolonkarzinomen.

Diese Studie wurde gefördert von der Deutschen Krebshilfe (Mildred-Scheel-Stiftung)