Einleitung: Im Winter 2002/03 kam es in Deutschland und zahlreichen weiteren europäischen Ländern
zu einem dramatischen Anstieg der durch Noroviren verursachten Gastroenteritiden.
Als Grund für diesen Anstieg wird das Auftauchen einer neuen Genotyp-Variante (Grimsby-like
Virus) mit möglicherweise erhöhter Virulenz diskutiert. Zur Entwicklung präventiver
Konzepte wurden die epidemiologischen und klinischen Aspekte der durch Noroviren verursachten
Erkrankungen im Süden Berlins untersucht und mit den bundesweiten Daten der Meldestatistik
des Robert Koch-Instituts (RKI) für den Winter 2002/03 verglichen.
Methoden: Von Oktober 2002 bis Februar 2003 wurden in 11 Berliner Seniorenheimen sowie einem
Berliner Universitätsklinikum die Inzidenz und Verteilung der Norovirus-Erkrankungen
sowie die entsprechende Symptomatik retrospektiv erfasst und ausgewertet. Die Datenabfrage
zur bundesweiten Situation wurde mit dem Programm SurvNet des RKI durchgeführt.
Ergebnisse: Von Oktober 2002 bis Februar 2003 wurden insgesamt 56.883 Norovirus-Fälle übermittelt
(gleicher Zeitraum 2001/02: 5.823 Fälle), die Mehrzahl davon im Rahmen von Häufungen
primär in Krankenhäusern bzw. Alten- und Pflegeheimen, darunter auch in den untersuchten
Berliner Seniorenheimen. Dort erkrankten 314 Personen, was einer „attack rate“ von
28,3% entspricht. 20,7% der Erkrankten wurden hospitalisiert. Eine primäre Infektionsquelle
(z.B. Lebensmittel) wurde in keinem Fall gefunden. In dem untersuchten Klinikum erkrankten
über einen Zeitraum von drei Monaten insgesamt 219 Personen an der neuen Genotyp-Variante.
Auffällig war die durchschnittliche Erkrankungsdauer mit 69h (Median: 72h), die höher
lag, als sonst für Noroviren beschrieben. Ein Durchbrechen der Infektionskette gelang
mit verstärkten hygienischen Maßnahmen.
Diskussion: Die Mehrzahl der Norovirus-Häufungen 2002/03 spielte sich in Kranken- und Pflegeeinrichtungen
ab. In den hier untersuchten Einrichtungen waren die ungünstigen Ausbruchsverläufe
primär Ausdruck einer mangelnden Infektionshygiene. Die Übertragung von Mensch zu
Mensch und die Ausbreitung des Virus über Aerosole und durch Flächenkontamination
standen im Vordergrund. Ein adaptiertes Hygieneregime (Tab.1) führte zur Kontrolle
der Ausbrüche.
Key words
Epidemiologie - Norovirus - Prävention