Pneumologie 2004; 58 - 14
DOI: 10.1055/s-2004-831138

Nicht-invasive Beatmung in der Geriatrie

H Frohnhofen 1, G Orth 2
  • 1Recklinghausen
  • 2Schwelm

Einleitung: Schlafbezogene Atemstörungen (SBAS) finden sich häufig bei betagten Menschen. Dabei steigt die mittels Pulsoxymetrie unter Zugrundelegung eines Entsättigunsindex von 4% geschätzte Prävalenz einer SBAS von 28% bei der über 70jährigen Allgemeinbevölkerung (Frohnhofen und Neifer, 1999) auf über 58% bei Patienten einer geriatrischen Klinik (Frohnhofen, Orth, Höltmann 1996). Der Umgang mit diesen Befunden hinsichlich ihrer Relevanz und der einzuleitenden Maßnahmen ist wenig untersucht und führt im klinischen Alltag immer wieder zu Verunsicherung.

Methodik: Wir formulierten für dieses Patientekollektiv im Hinblick auf SBAS Fragen und versuchten anhand eigener Daten und einer Literaturrecherche Antworten zu finden.

  • Wie häufig stellt sich das Problem einer behandlungsbedürftigen Atemstörung im Alter?

  • Welche Patienten sollen behandelt werden?

  • Wie lauten die Therapieziele für ältere Patienten?

  • Wie ist Akzeptanz einer nicht-invasiven Beatmungstherapie im Alter?

  • Gibt es Prädiktoren hinsichtlich Akzeptanz und Compliance?

  • Welche Effekte hat eine Maskenbeatmung älterer Patienten auf Lebenserwartung, Prognose, Befindlichkeit, Funktionalität und Lebensqualität?

Ergebnis: Verschiedene Autoren finden in Übereinstimmung mit unseren eigenen Daten (s.o.) hohe Prävalenzen von SBAS bei alten Menschen. Dabei variieren die Prävalenzen jedoch aufgrund der verwendeten Untersuchungsmethoden (Pulsoxymetrie, Screeninggeräte, Polysomnographie) und unterschiedlicher Zusammensetzung der Patientenkollektive (Allgemeinbevölkerung, Heimpatienten, Klinikpatienten). Auf der Grundlage pulsoxymetrischer Daten (durchschnittliche nächtliche Sauerstoffsättigung unter 90% bei fehlender pulmonaler Erkrankung) kann bei 3% der älteren Allgemeinbevölkerung und bei 10% geriatrischen Klinikpatienten formal die Indikation zur Heimbeatmung diskutiert werden (Frohnhofen und Höltmann, 2000). Mit dem geriatrischen Assessment steht ein Messinstrument zur Verfügung, welches die funktionellen Probleme älterer Patienten abbildet und Therapieziele formulieren lässt. Ein solches Assessment ist bei der Diskussion

hinsichtlich der Indikationsstellung zur Heimbeatmung unverzichtbar, um einerseits eine Unterversorgung zu verhindern und andererseits nicht durch falsch formulierte Therapieziele den Patienten eher zu beeinträchtigen. Die Akzeptanz einer nächtlichen Maskenbeatmung ist bei betagten Menschen eher gering. Bei klarer Indikation akzeptieren etwa 5% der Patienten eine Maske dauerhaft, dann aber mit guter Compliance. Im eigenen Patientenkollektiv (mittleres Alter 80 Jahre) konnten auf dem Boden eines geriatrischen Assessments der funktionelle Status (Barthel-Index) und ein bestehender Leidensdruck durch klinische Symptome, jedoch nicht das Patientenalter oder der erforderliche Maskendruck als signifikante Prädiktoren identifiziert werden (Frohnhofen und Höltmann, 1998). Eigene Daten wie auch Angaben in der Literatur zeigen, dass gerade ältere Patienten mit SBAS bezüglich Funktionalität (Alltagsfähigkeiten), Befindlichkeit und Kognition profitieren, wenn sie eine indizierte Maskenbeatmung akzeptieren.

Schlussfolgerung: Aufgrund der Häufigkeit schlafbezogener Atemstörungen im Alter und deren Bedeutung für Funktionalität im Alltag, Befindlichkeit und Kognition sind unter Berücksichtigung der geringen Akzeptanz klar indizierten Maskenbeatmungen weitere Untersuchungen erforderlich. Hier ist es wichtig, die erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Patientengruppen herauszuarbeiten um Unter– wie auch Übertherapien zu vermeiden. Therapieziele müssen klar formuliert und anhand eindeutiger Kriterien beurteilt werden. Ein geriatrisches Assessment ist hier unverzichtbar.