Pneumologie 2004; 58 - 9
DOI: 10.1055/s-2004-831133

Entwicklung eines dauerbeatmeten Kindes in einer Wohngruppe nach Langzeitaufenthalt auf der Intensivstation

U Evers 1
  • 1„André-Streitenberger Haus“ / Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke

Bei einem Verkehrsunfall erleidet die 3jährige Schamse ein schweres Schädelhirntrauma mit ausgedehnter Hirnkontusion und intracerebralem Hämatom.

Weitere Diagnosen:

  • inkomplettes hohes zervikales Querschnittsyndrom

  • Halsmarkläsion/inkomplette Transsektion in Höhe des 2. und 3. Halswirbels

  • Lungen-/Thoraxkontusion

  • Phrenikuslähmung links

  • Oberschenkelfraktur links

  • Apallisches Syndrom

  • Beatmungspflichtigkeit.

Von nun an lebt sie auf der Intensivstation, das bedeutet: Hauptaufenthaltsort das Bett, Lärm und ständige Alarme, schwerkranke und sterbende Kinder im gleichen Zimmer, mangelnde individuelle Zuwendung, keine Rückzugsmöglichkeit, wenig Beschäftigung, kaum Aufenthalt außerhalb der Station.

Nach 4 1/2 Jahren zieht Schamse in die Wohngruppe des André-Streitenberger-Hauses, und plötzlich hat sie ein eigenes Zimmer mit Terrasse, ein Badezimmer, ein Bett nur zum schlafen, einen individuell geregelten Tagesablauf, viel Platz und ein großes Beschäftigungsangebot. Sie lebt mit anderen Kindern mit vergleichbarem Handicap zusammen. Mahlzeiten werden gemeinsam am Tisch eingenommen. Ausflüge nach draußen gehören zum Tagesablauf. Schamse lebt nun seit über einem Jahr dort und hat sich sehr positiv entwickelt:

  • komplette orale Nahrungsaufnahme

  • deutlich höherer Wortschatz

  • lange Spontanatmungsphasen

  • äußert Wünsche, Gefühle und Bedürfnisse

  • wirkt deutlich glücklicher und gelöster.

Schamse hat ein Zuhause gefunden. Ihr Lebensweg dokumentiert die Schwierigkeiten und Möglichkeiten eines langzeitbeatmeten Kindes.