Pneumologie 2004; 58 - 35
DOI: 10.1055/s-2004-831122

Froschatmung – Atmen ohne Atmungsmuskulatur

J Messerschmid 1, D Jacobi 2, B Stenger 2, U Frevert 3
  • 1München
  • 2Berlin
  • 3Kassel

Die Froschatmung ist i.d.R. eine Ergänzung zur mechanischen Beatmung. Sie ist zusammen mit der nächtlichen Überdruckbeatmung und Atemmaske eine Alternative zu blutigen Atemhilfen wie das Tracheostoma. Sie ist als Ergänzung bei eingeschränkter Atemfunktion, also bei Ateminsuffizienz, wie nach Poliomyelitis, aber auch für Personen mit anderen Behinderungen, wie z.B. MD Duchenne, hohe Querschnittlähmung, einschließlich in Fällen von kongenitaler Lungenerkrankung geeignet.

Die Froschatmung ist ein hilfreiches Mittel ohne mechanisches Gerät zu atmen, um sich mit lebensnotwendiger Luft versorgen zu können. Sinnvoll ist diese Methode auch, um tagsüber tiefe Atemzüge tun zu können, um die Elastizität der Lunge zu erhalten. Tiefes Einatmen ist sehr wichtig für die Belüftung der Lunge und sollte unbedingt immer wieder praktiziert werden, um Erkältungen zu vermeiden. In der Regel kommt die Froschatmung nur als bewusste oder halbbewusste Handlung während des Tages vor. Hierzu werden jedoch kräftige Schlundmuskeln und eine kräftige Muskulatur um den Mund herum benötigt. Für Personen mit fortschreitenden Muskelschwächen, z.B. MD Duchenne, ist diese Methode daher nicht immer geeignet. Die Froschatmung ist manchmal ziemlich schwer zu erlernen, und sie funktioniert eigentlich nicht während des Schlafes.

Unter der Froschatmung versteht man eine Atemtechnik, mit der man die Zunge wie einen Kolben benutzt, um eine bestimmte Einheit Luft in die Luftröhre zu pumpen. Das gilt auch für Personen, deren Vitalkapazität bei regulärer Atmung überhaupt nicht messbar ist! Durch unverzüglichen Verschluss der Stimmbänder wird diese Luftmenge im Bronchialsystem gefangen gehalten. Jede zusätzliche Kolbenbewegung der Zunge sorgt für zusätzliche Luft, und somit für einen tieferen Atemzug bzw. die Belüftung der Lunge. Durch den Verschluss des Nasenrachenraumes mithilfe des weichen Gaumens wird das Entweichen der eingepumpten Luft verhindert. Mit einiger Übung kann man Luftmengen bis zu 200 ccm pro Einheit aufnehmen. Ein kompletter Atemzug kann aus 6 bis über 50 solcher Luft-Einheiten bestehen. Bei ausreichender Funktion der Mund-Rachenmuskulatur ist es auch bei Personen mit einer Vitalkapazität von weniger als 500 ccm nicht ungewöhnlich, dass mithilfe von Froschatmung Atemzüge von mehr als 3 Litern erreicht werden! Durch Übung können Betroffene die Volumina ihrer Luft-Einheiten vergrößern und die Effizienz der Froschatmung verbessern.

Eine Person beginnt mit der Froschatmung, nachdem sie die maximale Menge Luft eingeatmet hat, die sie mit ihrem Atemzugvolumen einatmen kann. Die größte Kapazität der Atmung entspricht also der durch Froschatmung ergänzten Vitalkapazität. Der Fortschritt einer Person, die diese Atemtechnik gerade erlernt, kann mittels eines Spirometers gut verfolgt und beobachtet werden.

Ein effizienter Gebrauch der Froschatmung wird einer Personen mit paralytischer Atem-Behinderung:

  • wirksamere Hustenstöße erlauben,

  • das Risiko einer Unterbeatmung (Atelektase) verringern,

  • die Dehnbarkeit der Lungen verbessern,

  • eine normalere Sprechweise ermöglichen,

  • die Abhängigkeit von der mechanischen Beatmung vermindern,

  • bei Ausfall des Atemgerätes einen zeitlich begrenztes Überleben bieten,

  • beim Wechsel der Beatmungshilfe für zwischenzeitliche Unterstützung der Atmung sorgen

  • und ein lauteres Rufen ermöglichen, da auch hierfür tiefere Atemzüge nötig sind.

Die Froschatmung kann zusammen mit allen bekannten mechanischen Atemhilfen, mit Ausnahme des Tubus, verwendet werden. Sie ist besonders praktisch, wenn gleichzeitig während der gewohnten Aktivitäten am Tage andere Atemhilfen, wie z.B. die intermittierende Überdruckbeatmung durch den Mund (IÜM), benutzt werden.

An dieser Stelle sollte auf eine Studie hingewiesen werden, die mit 49 Personen mit Atembehinderungen nach Poliomyelitis im Großraum von New York durchgeführt wurde. Dabei wurden 3 verschiedene Muster der Froschatmung beobachtet:

  • Muster: Ca. 53% Personen nutzen den ganzen Tag über die Froschatmung. Trotz der zeitweisen Abhängigkeit von einem mechanischen Beatmungsgerät erreichten sie eine normale Sprechweise mit gutem Stimmvolumen und regulärer Sprechdauer. Die Froschatmung verhilft Atem-Behinderten zur temporären Unabhängigkeit von der mechanischen Beatmung (IÜM), in einigen Fällen für viele Stunden des Tages.

  • Muster: 20% Personen setzen Froschatmung nur dann ein, wenn sie z.B. von einer Überdruckbeatmung (IÜM) zu irgendeiner anderen Beatmungsmethode übergingen, und zwar wenden sie sie während des Wechsels an, aber auch

    • zur Verbesserung des Abhustens,

    • für tiefe Atemzüge („Seufzer“),

    • als Absicherung für den Fall, dass ihr Atemgerät ausfällt

  • Muster: 27% Personen wandten die Froschatmung nicht an; daher fehlen hier entsprechende Erläuterungen.

Es zeigte sich, dass Personen mit Froschatmung allein ihre Lungen im Durchschnitt 2 bis 6 mal mehr aufpumpen können, als es ihrem Atemzugvolumen entspricht. Bei einigen Personen ohne Vitalkapazität ergaben sich mit Froschatmung Maximalkapazitäten bis zu 3 Litern. Viele können allein mit Froschatmung lange Zeit unabhängig von Beatmungsgeräten atmen! Dabei können physiologische Abweichungen für Kohlendioxid- und Sauerstoffspiegel, Blutdruck und Puls verhindert werden.