Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2004-829819
Retrobulbäre Metastase als klinische Erstmanifestation eines Mammakarzinoms
In der gynäkologischen-onkologischen Praxis stehen beim Mammakarzinom in den Screening-Untersuchungen von Fernmetastasen bei einer Gesamtmetastasierungsrate von 23% die Manifestationsorte Lunge (71%), Knochen (71%), Lymphknoten (67%), Leber (62%) und Pleura (50%) im Vordergrund. Ein Screening auf den Nachweis okulärer Metastasen gehört hingegen nicht zu den routinemäßigen Untersuchungen im Rahmen der Brustkrebsnachsorge, was in Anbetracht der nicht seltenen Inzidenz von 9% ein fraglich zu rechtfertigendes Procedere darstellt. Eine post mortem durchgeführte Untersuchung an 52 Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom ergab sogar eine Inzidenz von 37% [4], so dass zu vermuten ist, dass die Rate okkulter okulärer Metastasen deutlich höher liegt.
Unterstützt wird diese Vermutung durch die Daten von Mewis und Young, die im Rahmen eines gezielten Screenings bei 250 Mammakarzinompatientinnen in 27% der Fälle asymptomatische choroidale Metastasen feststellten. Die Wahrscheinlichkeit einer okulären Manifestation steigt dabei gemäß der Studie von Wiegel et al. von 5 auf 11% bei Nachweis der Metastasierung eines bekannten Brustkrebses in Lunge und Gehirn an. Mit einer Häufigkeit von 12–31% in auf die Fragestellung der okulären Metastasen gezielten Studien stellt aber auch das Auge als primäre Metastasenlokalisation keine Seltenheit dar.
Ein routinemäßiges Screening könnte aber vor allem auch deshalb sinnvoll sein, weil okuläre Metastasen bereits ab einer Größe von 1mm mit geringem apparativem Aufwand durch eine Spaltlampenuntersuchung nachgewiesen werden können.
Während in seltenen Fällen die okulären Metastasen – meist in Form einer choroidalen Manifestation – asymptomatisch verlaufen, imponieren sie wesentlich häufiger als qualitative visuelle Störungen in Form eines Visusverlustes (70–98%), verschwommenen Sehens (88%), seltener als Mouches volantes (5%) oder als Photopsie mit visuellen Halluzinationen von Licht, Farben, Blitzen und Funken (5%). Der vorliegende Fall beschreibt den Krankheitsverlauf einer Patientin mit Erstmanifestation eines bis dahin unbekannten Mammakarzinoms in Form einer retrobulbären Metastase. Bezeichnend ist die lange zeitliche Latenz bis zur endgültigen Diagnose des Mammakarzinoms, die letztlich erst nach bioptischer Sicherung des retrobulbären Tumors histologisch erfolgte.